Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 12

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Die Europäische Union ist nach Ansicht der Spitzenkandidatin dieser Gruppierung ein „Völker-Kerker“, „Kronen Zeitung“ vom 24. April letzten Jahres, eine „Diktatur“, „Die Presse“ vom 22. Februar dieses Jahres, ein „kapitalistisches Kriegsprojekt“ – all das sind wörtliche Zitate. Und die EU-Erweiterung bezeichnet die Spitzenkandidatin dieser Gruppe als „Ostfeldzug des Vierten Reichs“. – Na sehr schön!

Dieser Liste geben ÖVP und FPÖ ihre Unterstützung, und zwar in mehrfacher Hinsicht.

Das Ziel dieser Gruppierung – das folgt ja aus dem bereits Gesagten – ist ausdrücklich der Aus­tritt Österreichs aus der Europäischen Union, so nachzulesen in der Zeitung „Die Presse“ von gestern.

Wenn man es nicht so genau nimmt, meine Damen und Herren von der FPÖ, könnte man sagen: Diese Gruppierung ist in ihrer EU-feindlichen und vor allem EU-erweiterungsfeindlichen Haltung am ehesten mit der FPÖ zu vergleichen (Abg. Scheibner: Aber wirklich nicht, Herr Kollege! Die Grünen sind schon bei Ihnen, nicht bei uns!) – ich komme noch darauf zurück. Wenn überhaupt, dann konkurriert diese Gruppierung mit der Freiheitlichen Partei. (Abg. Scheibner: Wir machen nur eine grüne Umweltpolitik, aber wir nehmen keine Grünen!)

Solche Positionen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, von Schwarz und Blau, nämlich die EU-Erweiterung als „Ostfeldzug des Vierten Reichs“ zu bezeichnen, werden von Ihrer Seite unterstützt. Das wird von den Funktionären von ÖVP und FPÖ unterstützt!

Ich hoffe, ich kann es mir ersparen, im Detail darzulegen, dass das nicht die Positionen der Grünen sind. Wir halten die EU – bei aller Kritik – nicht für eine Diktatur, und schon gar nicht halten wir die EU-Erweiterung für einen „Ostfeldzug des Vierten Reichs“, mit der impliziten Unterstellung, dass die Europäische Union nichts anderes ist als eine Nachfolgeorganisation der Nazidiktatur. – Das ist nun wirklich jenseits! Das ist das Letzte!

Sie, meine Damen und Herren von ÖVP und FPÖ, unterstützen das nicht nur in Bezug auf den Namen, sondern es war Ihnen auch nicht zu blöd, sich im Vorfeld der Kandidatur dieser Gruppierung für diese Gruppe einzusetzen.

Ich muss, glaube ich, den Leuten außerhalb dieses Hohen Hauses erklären, dass eine Kandi­datur einer Gruppierung nur dann zustande kommt, wenn eine Gruppe entweder Unterstüt­zungserklärungen in den einzelnen Wahlbezirken sammelt – in Niederösterreich sind etwas mehr als 1 000 Unterschriften erforderlich, um in allen Bezirken kandidieren zu können – oder die Unterschrift von drei Abgeordneten, die schon im Landtag vertreten sind, beibringt.

Was ist im Vorfeld dieser Kandidatur passiert? – Es gibt jede Menge Unterstützungserklärungen von ÖVP-Funktionären, hervorgestochen ist insbesondere die Gemeinde Purgstall, wo der Bür­germeister, der Vizebürgermeister und noch fast ein Dutzend weiterer ÖVP-Funktionäre die Kandidatur dieser Gruppe unterstützt haben.

Erklären Sie mir, meine Damen und Herren von der ÖVP, wie man dazu kommt, eine Gruppie­rung zu unterstützen, die die EU-Erweiterung als „Ostfeldzug des Vierten Reichs“ bezeichnet! Erklären Sie das einem durchschnittlich begabten Österreicher, so wie ich – das habe ich bis jetzt zumindest geglaubt – einer bin.

Volkspartei und FPÖ – die Regierungsparteien sind das. Trotz der Tatsache, dass das so viele ÖVP-Funktionäre unterschrieben haben, wollen Sie uns glauben machen, dass das keine kon­zertierte Aktion der ÖVP war, keine abgesprochene Aktion innerhalb der ÖVP – ausgerechnet in Niederösterreich, dem angeblich bestorganisierten Land der ÖVP? (Zwischenruf des Abg. Schöls.) – Schwer zu glauben! Schwer zu glauben!

Die Kandidatur dieser Gruppe ist letztlich von drei FPÖ-Abgeordneten ermöglicht worden, was insofern eine gewisse Ironie in sich birgt, als diese Gruppierung vom Inhaltlichen her am ehesten noch mit den Freiheitlichen konkurriert. Jene drei, die die Unterschrift geleistet haben,


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