Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 9. Sitzung / Seite 22

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Ich bin auch überrascht über Ihren demokratiepolitischen Trugschluss. Mandatare haben die Kandidatur einer Liste unterstützt, und Sie unterstellen Identifikation mit den politischen In­halten. Das ist völlig unberechtigt. Ganz im Gegenteil, diese Personen, die diese Liste tragen, stehen Ihnen nahe. (Abg. Dr. Van der Bellen: Wirklich nicht!) Es ist gerade eine Aussage aus dem Jahr 1998 von Frau Kollegin Petrovic zitiert worden. Ich stelle hier klar und fest, dass die Spitzenkandidatin dieser Liste im Jahr 1998 Ihre Bezirksspitzenkandidatin im Bezirk Mödling war. Diese Personen stehen Ihnen nahe, und es besteht im Übrigen kein Anlass, aus der Unter­stützung einer Liste zugleich eine Identifikation mit deren Inhalten herauszulesen.

Ähnlich seltsam kommt mir auch Ihr Antrag dahin gehend vor, dass Sie eine ungeheure Privile­gierung der bereits im Nationalrat vertretenen Parteien wünschen. Da ist Ihnen einiges vom Wagemut Ihrer Anfangszeit abhanden gekommen. Ein bisschen mehr Förderung der direkten Demokratie hätte ich bei Ihnen eigentlich schon vorausgesetzt.

Da bin ich jetzt ganz in Niederösterreich. Niederösterreich ist ein gutes Land, da gebe ich den großartigen Plakaten natürlich Recht. Es sind fleißige Menschen, es sind begabte Menschen, es sind eigentlich vor allem sehr zurückhaltende Menschen, denen lärmender Prunk und Protz fernstehen. Nicht allen, Ausnahmen bestätigen die Regel, auch wenn in diesem Fall der Lan­deshauptmann die Ausnahme ist. Aber die Niederösterreicher leben ein bisschen nach dem Prinzip „Mehr sein als scheinen“, auch nicht alle, noch einmal: Ausnahmen bestätigen die Regel, auch wenn es diesmal der Landeshauptmann ist.

Aber da hätte ich mir doch gedacht, dass Sie vielleicht auf diese Themen ein bisschen mehr Augenmerk legen, und zwar gerade in den Bereichen, die Sie interessieren, dass Sie zum Bei­spiel kritisieren, dass es für die Tierheime nach wie vor eine ungenügende finanzielle Grundlage gibt. Wenn das geschafft worden wäre, dann hätte vielleicht der Elchbulle auch verschmerzt, dass er sich nicht Erwin nennen darf. Ich glaube, es wäre besser gewesen, die Tierheim­finanzierung richtig zu stellen.

Ich meine, dass Sie hier am Thema vorbeigehen. Sie haben in Niederösterreich viel Zeit ge­habt, Sie haben sie nicht genutzt, und Sie versuchen, sie jetzt zu nutzen. Niederösterreich wäre sehr wohl eine Sondersitzung wert, es gibt genügend Probleme. Niederösterreich ist das Land, das von der Osterweiterung am meisten betroffen sein wird. Es ist die Frage zu stellen: Ist Niederösterreich gut vorbereitet? Wie wird es mit dem Arbeitsmarkt sein? Wir hatten in Nieder­österreich voriges Jahr die höchsten Arbeitslosenzahlen seit 1945.

Man kann die ÖVP zum Beispiel fragen: Werden Sie die sieben Jahre Übergangsfrist auch ein­halten, oder werden Sie, wie man so hört, darauf drängen, dass sie verkürzt wird? – Das wäre etwas, worauf sich der Landeshauptmann zum Beispiel jetzt festlegen müsste. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder aber was ist mit dem Wirtschaftsstandort? Mit Schlagwörtern wie „Top Ten“ ist zu guter Letzt wenig gemacht. Sie alle kennen die EUROSTAT-Rankings, in denen Niederösterreich unter dem europäischen Schnitt liegt, und zwar nicht weil die Leute nicht könnten. Die Leute sind – noch einmal – fleißig und begabt. Die Wirtschaftspolitik richtet sich ausschließlich auf Show und zeigt wenig Substanz. Das ist es, was man hier sagen könnte, was man hier sagen müsste.

Herr Kollege Wittmann, wenn Sie auf Sobotka zu sprechen kommen, dann muss ich sagen, ich gebe Ihnen Recht, es ist ein Skandal, wie dort mit öffentlichen Geldern umgegangen wird. Nur, darf ich Ihnen vielleicht noch einmal sagen, wie mutig Ihre Kollegen in Niederösterreich sind. Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Das war noch zu meiner Zeit als Klubobfrau. Sie wissen vielleicht, im Niederösterreichischen Landtag stand es in der letzten Legislaturperiode 28 : 28. Das heißt, es war immer wichtig, dass jeder da war, und es war so, dass man, wenn sich alle anderen ver­einigt hatten, Blau, Rot und Grün, zumindest den Antrag der ÖVP zurückweisen konnte, mehr nicht, immerhin. Wenn allerdings jemand von der ÖVP gefehlt hat, dann bot sich die einzigartige Gelegenheit, dass man einen Antrag gegen die ÖVP beschließen konnte.

 


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