Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 36

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diesem Zusammenhang auf die Aussagen des sozialdemokratischen Vorsitzenden des Auswär­tigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, der erklärt hat, dass die beiden Ausnahmegründe vom generellen Gewaltverzicht, von der Ächtung des Krieges, wie sie in der UNO-Charta fest­gelegt sind, nämlich einerseits das Recht auf Selbstverteidigung und andererseits die durch einen UNO-Sicherheitsrats-Beschluss legitimierte Gewaltanwendung, wenn der Weltfrieden bedroht ist, nicht mehr ausreichen. Er meint – und viele Völkerrechtler glauben dies mit ihm –, dass jedenfalls seit dem Kosovo-Krieg und seit Bosnien ein dritter Grund hinzugefügt wurde: Gewalt darf auch dann angewendet werden, wenn eine humanitäre Katastrophe droht oder wenn nicht mehr Staaten die Träger von Gewalt sind, sondern nichtstaatliche, terroristische oder kriminelle Organisationen. Für viele Akteure passt dieses Staaten-Völkerrecht einfach nicht mehr oder nicht zur Gänze, und es muss daher weiterentwickelt werden.

Es stellt sich aber auch die Frage: Wie ernst nehmen wir Europäer selbst das Ziel und den An­spruch einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, wenn sich beim ersten wichtigen Test, im Falle des Irak, viele Mitgliedstaaten sofort in Gruppen einteilen, ohne eigentlich eine gemeinsame Basis, den Konsens innerhalb der europäischen Familie zu suchen – was viel­leicht ein mühsamerer Weg, aber, so glaube ich, der einzig richtige und der einzig zielführende europäische Weg wäre, meine Damen und Herren?

Das und nichts anderes haben wir, die österreichische Bundesregierung und die Außenministe­rin, gemeint, als wir sagten, wir stehen da in der Mitte – natürlich nicht zwischen einem Diktator und den Demokratien, aber wir stehen in der europäischen Mitte auf dem Boden einer gemein­samen Position, die wir gemeinsam erarbeiten wollen, die wir gemeinsam entwickeln, die dem Frieden dient, die dem Primat der Politik gewidmet ist, die aber zugleich auch die Entschlossen­heit in unserem Vorgehen gegen Terror und Diktatur zum Ausdruck bringt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir dürfen nicht vergessen, dass es wohl seinen Grund hat, dass in einem Land wie dem Irak mit etwa 20 Millionen Einwohnern bereits 4 Millionen Menschen zu Flüchtlingen geworden sind, dass dort Kriege ihren Ausgang genommen haben, dass die eigene Bevölkerung, vor allem das leidgeprüfte kurdische Volk, bereits einige Male zur Ziel­scheibe des Diktators geworden ist.

Und darum, um diese Friedenssehnsucht und diese Sehnsucht nach Sicherheit, die sich in den Herzen und auch öffentlich bei vielen Menschen quer über den Kontinent manifestiert hat, geht es! Es geht um die tiefe Sehnsucht der Generationen, Frieden und Sicherheit mit anderen Mitteln als mit Gewalt zu verwirklichen. Und wir Europäer haben eben Kriege erlebt – vielleicht nicht unsere Generation, aber die Älteren, die Generation, die noch lebt, die heute ihren ver­dienten Ruhestand genießt, hat Kriege erlebt. Sie hat auch die Folgen von Kriegen erlebt, sie hatte in jeder Familie die Opfer zu beklagen. Viele andere große Nationen, die Amerikaner etwa, hatten auf ihrem Territorium niemals etwas Vergleichbares. Zugleich sollten wir Euro­päer – gerade wir Europäer – aber auch sensibel, vielleicht auch sensibler, mit Diktatoren umgehen, denn auch wir haben erlebt, was es bedeuten kann, wenn einem Diktator nicht rechtzeitig von der Staatengemeinschaft in den Arm gefallen wird.

Ich glaube daher, dass Europa in dieser Frage auch das Recht hat, sich zu äußern, und das Recht ebenso wie die Verpflichtung und die Verantwortung, hier einen gemeinsamen Weg zu gehen.

Krieg ist – so steht es in der UNO-Charta – das letzte der politischen Mittel. Letztlich ist Krieg das leidvolle Resultat einer gescheiterten Politik. Ich meine, dieser Krieg wäre zu verhindern gewesen. Er wäre vor allem von Saddam Hussein zu verhindern gewesen. Er hätte es in den letzten zwölf Jahren jederzeit in der Hand gehabt, die 17 Resolutionen der Vereinten Nationen zu erfüllen, nämlich durch Abrüstung seiner mehrfach eingesetzten Massenvernichtungswaffen. Damit wären die über den Irak verhängten Sanktionen, die ja primär die Bevölkerung getroffen haben, beendet worden, und es wäre der Krieg zu vermeiden gewesen.

 


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