Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 55

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Wir waren so stolz, dass wir eine Zivilisationsstufe erreicht haben, unter anderem mit der Ein­richtung der UNO, um eben Konflikte möglichst vor Ort regeln zu können, um eine Legitimation für allfällige Eingriffe – eben dort, wo es nicht mehr anders geht – herzustellen. Aber diesmal war es anders als sonst, denn dieser Konflikt hat sich nicht abgespielt zwischen den „üblichen“ Veto-Einbringern bei einem solchen Konflikt, sondern in diesem Fall waren die USA, Groß­britannien und einige andere Länder auf der einen Seite, und auf der anderen Seite standen Frankreich und Deutschland als zwei Länder mit einer großen demokratischen Tradition; selbst­verständlich haben auch die Vereinigten Staaten eine große demokratische Tradition.

Es ist so bitter, dass im Zuge dieser Entwicklung oft auch nicht gesehen wird, welche Konse­quenzen und Folgen so ein Krieg hat: nicht nur für die betroffenen Hunderttausenden Flücht­linge, die jetzt im Nordirak, im Südirak und in vergleichbaren Fällen auch in anderen Ländern bei solchen Auseinandersetzungen die schreckliche Folge sind, sondern auch für die Schick­sale derer, die dort als Berufssoldaten hingeschickt werden, dort jetzt sterben, verletzt oder verkrüppelt werden, wie wir das ja seinerzeit auch beim Vietnamkrieg gesehen haben und wie das in dieser drastischen Schärfe auch immer wieder dargestellt wurde.

Es ist ja auch nicht die Konsequenz berücksichtigt worden, die so eine Auseinandersetzung nach sich ziehen kann, wenn es zu einer Radikalisierung zwischen dem Westen und dem Islam, zwischen dem Westen und der arabischen Welt – und auch innerhalb der arabischen Länder – kommt. Da wird auch das heile Bild so mancher Urlaubsländer zerstört, das man eben gewohnt ist, wenn man im Fernsehen einmal nicht politische Nachrichten sieht, sondern sich anschaut, wo man denn so überall auf Urlaub hinfahren könnte.

Der Terror, den es zu bekämpfen gilt, ist aber so zu bekämpfen, wie es zivilisatorisch hoch stehenden Ländern und Demokratien mit geregelten Rechtsordnungen auch entspricht. Des­wegen gibt es das Völkerrecht, deswegen gibt es die UNO – als eine wichtige Basis.

Es gilt auch die Verbreitung von Waffen zu bekämpfen, und zwar sowohl atomarer als auch bio­logischer und chemischer Waffen. Doch da müssen sich so manche westliche Regierungen und westliche Unternehmungen an der Nase nehmen, die solche Länder und solche Diktaturen beliefert haben und dann plötzlich UNO-Inspektoren hinschicken müssen, um das, was sie vorher geliefert haben, dann dort zu suchen, zu finden und es eventuell dort zu zerstören.

Man muss doch einmal diese Doppelmoral und diese Logik sehen, die da dahinter steckt, eben­so wie den Zynismus, dass man neben den üblichen Berichten in den Medien auch lesen kann, dass es schon einen großen Streit über die Frage des Wiederaufbaus gibt: Wer wird dort am Wiederaufbau beteiligt? Wer kann dort das Geschäft machen, wenn man die zerstörten Häuser wieder aufbauen soll?

Das ist doch unfassbar, das ist unmenschlich in höchstem Maße! Das, bitte schön, wird aber auch von Mächten und von Kräften zum Ausdruck gebracht, die für sich in Anspruch nehmen, über Demokratie zu reden, über Menschenrechte zu reden, über Sauberkeit zu reden, über Moral zu reden! Durch diese Doppelbödigkeit wird meiner Meinung nach dieser Konflikt noch verschärft, und ich hoffe nicht, aber es sieht so aus und könnte durchaus sein, dass das auch zwischen den Zivilisationen, zwischen den Religionen, zwischen verschiedenen Ländern und innerhalb dieser Länder geschieht.

Ich bin froh, dass in dem Vier-Parteien-Beschluss des Nationalen Sicherheitsrates, der wirklich eine Präzisierung auch des Standpunktes für die österreichische Bundesregierung und für die österreichische Außenpolitik beinhaltet, klar formuliert ist, dass dieser Krieg völkerrechtswidrig ist, dass – so auch eine klare Forderung von Millionen Demonstranten und besorgten, ängst­lichen Menschen – dieser Krieg ein baldiges Ende finden soll, dass aber auch drinnen steht, dass künftig die Erdölförderung im Irak, sollte es soweit kommen, unter die Verwaltung der UNO zu stellen ist und die Erträge dem irakischen Volk übermittelt werden sollen – nicht, dass man nach Ende dieses Krieges darangeht, die Erdölfelder dort aufzuteilen, dass die verschiedenen Firmen dort aufmarschieren und sich dann das Erdöl einfach unter den Nagel reißen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

 


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