Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 72

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Zweites Signal: Außer Selbstverteidigung und mit einem UNO-Mandat tolerieren wir keine militärischen Aktionen. Das, was da stattfindet, ist ein unerlaubter Krieg. Wir Sozialdemokraten sagen Nein zu diesem Krieg, und wir Sozialdemokraten sagen: Beendet diesen Krieg so rasch wie möglich! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Es ist heute davon gesprochen worden, ob eine mittlere Linie in der Union, ein Kompromiss, eine gemeinsame Haltung in diesen Fragen möglich gewesen wäre oder sein soll. Meiner Meinung nach sollte Österreich für folgende Linie der Europäischen Union in solchen Fragen eintreten: Mitgliedsländer der EU können sich selbst oder die gesamte EU bei einem Angriff ver­teidigen, aber sie dürfen nicht ohne UN-Mandat einen Krieg führen oder sich an einem solchen beteiligen. Das widerspricht den Zielen der Europäischen Union. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Es fragen sich viele Menschen, warum manche Regierungen in Europa Ja sagen, während so viele Menschen in diesen Ländern gegen den Krieg demonstrie­ren. Ich glaube, es ist ein Mangel der internationalen Politik, dass die Regierungen stark und die Parlamente schwach vertreten sind. Das Gesamtbild Europas kommt besser zur Geltung, wenn alle Kräfte aller Länder ihre Meinung äußern können. Deshalb ist es auch gut, dass ein Verlan­gen auf Abhaltung einer UNO-Vollversammlung vorliegt. Dieser Antrag ist auch von Abgeordne­tem Cap von uns mit unterzeichnet. Wir glauben, je mehr Menschen in der internationalen Poli­tik mitsprechen können, desto klarer wird die Haltung gegen Kriege und Angriffe sein. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

13.50


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend. Gleiche Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.50


Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Meine Damen und Herren Regierungsmitglie­der! Hohes Haus! Von diesem Haus geht heute eine starke Friedensbotschaft aus. Es ist dies eine Botschaft, die besagt, dass dieser Krieg und all das Leid, das damit verbunden ist, ein rasches Ende finden müssen; eine Botschaft, die besagt, dass es klare Regeln für jegliche militärische Intervention geben soll, auch wenn sie noch so berechtigt ist; und eine Botschaft, die besagt, dass alles unternommen werden muss, damit es nach dieser militärischen Maß­nahme möglichst bald zu einem gemeinsamen Wiederaufbau und zu humanitärer Hilfe kommt.

Wir alle sollten aus diesem Beispiel lernen. Und wenn ich sage, wir sollten aus diesem Beispiel lernen, dann geht es nicht nur darum, klar zu erkennen, was der eine oder der andere hätte tun sollen, sondern es muss uns auch bewusst werden, dass damit die Schwäche des globalen Sicherheitssystems in aller Deutlichkeit zu Tage getreten ist.

Ja, wir haben in der Satzung der Vereinten Nationen relativ klare Regeln. Im Prinzip läuft es darauf hinaus, dass zumindest ein Duldungskonsens zwischen den Ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates vorhanden sein muss. Wir wissen aber auch seit dem Korea-Krieg, dass es in den seltensten Fällen möglich war, tatsächlich einen Konsens herzustellen. Wir wissen daher, dass es nicht nur gut ist, dass eine Regel oder eine Ordnung vorhanden ist, sondern es muss auch die Bereitschaft geben, gemäß dieser Regel zu agieren. Wir müssen uns daher die Frage stellen: Was können wir tun, um in Zukunft dem einen oder dem anderen die Rolle des Welt­polizisten zu ermöglichen, nämlich dann, wenn sie von der Staatengemeinschaft gewünscht ist?

Man muss sagen, dass die Amerikaner diese Rolle in der Vergangenheit sehr maßvoll ausgeübt haben. Was hat es nicht alles an Vorurteilen gegeben? – Sie haben damals mit eigenen Mitteln, als Kuwait überfallen wurde, einen Krieg geführt, um diese Besetzung wieder abzuschütteln. Sie haben damals mit eigenen Mitteln und dem Blut der eigenen Soldaten versucht, die Freiheit für Kurden und Schiiten zu erkämpfen und einen weiteren Krieg gegen den Iran unmöglich zu machen. Es gibt heute keine Ölquelle im Irak, die in amerikanischer Hand ist, sondern die Ab­baurechte sind neben irakischen Firmen in der Hand von französischen, von russischen und


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