Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 12. Sitzung / Seite 52

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ehrlich gesagt: Den großen Wurf kann ich hier nicht erkennen. Es handelt sich um eine Reihe von Anpassungen. Sie haben nun einige Übergangsfristen eingeführt, manche davon werden eine Wirkung entfalten, andere nicht. Aber die Grundstruktur des Pensionssystems im Rahmen des Umlageverfahrens betreffend haben Sie keinen großen Wurf vorgelegt, denn die Harmoni­sierung liegt nicht vor, die bestehenden Ungerechtigkeiten werden nicht beseitigt, und an den niedrigen Frauenpensionen wird auch Ihr Vorschlag, dass man drei Jahre Kindererziehungs­zeiten herausrechnen kann, leider nichts ändern. Das ist eine homöopathische Dosis für ein großes Problem, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Im Übrigen kenne ich niemanden in Österreich, der der Meinung ist, man sollte die Pensions­reform auf das nächste oder übernächste Jahr verschieben. Alle Akteure, die sich in den letzten Wochen zu Wort gemeldet haben, haben sich dazu bekannt, dass wir eine Pensionsreform im heurigen Jahr machen, die mit dem nächsten Jahr wirksam werden kann. (Abg. Kopf: Aber Ihre wird nicht wirksam!) Ich verstehe daher nicht, wieso Sie den Vorschlag der Wirtschaftskammer und der Gewerkschaften, die Ihnen angeboten haben, bis 30. September dieses Jahres ein fertiges Konzept für eine Pensionsreform auf den Tisch zu legen, nicht angenommen haben.

Das bedeutet überhaupt keine Verschiebung der Pensionsreform. Das führt ausschließlich dazu, dass auf einer breiten Grundlage etwas erarbeitet wird, was letztendlich für alle Öster­reicherinnen und Österreicher wirksam wird.

Ich sage Ihnen daher: Demokratie ist keine Ein­bahnstraße! Im Parlament zu sagen, wir sind zur Zusammenarbeit bereit, und dann, wenn die Wirtschaftspartner kommen, ihnen die Tür zu weisen, das ist zu wenig, Herr Bundeskanzler! Demokratie muss beidseitig sein. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Ellmauer: Wer hat denn mit Streik gedroht? – Abg. Scheibner: Wir haben gar nichts gemacht!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir müssen uns auch im Klaren darüber sein, dass die Zukunft unserer Pensionen – der Herr Vizekanzler hat auf die Bedeutung der Beschäfti­gungsentwicklung hingewiesen – neben all dem, was man an Pensionen zugesteht, in erster Linie davon abhängig ist, wie die Beschäftigungssituation in Österreich aussieht. Dass Sie, Herr Vizekanzler, sich angesichts von Rekordarbeitslosenzahlen herstellen und sagen, es tritt bereits eine Entspannung ein, dazu möchte ich festhalten, das Sie uns das auch im vergangenen Jahr immer wieder gesagt haben, nur hat diese Entspannung niemand in Österreich gespürt.

Die Wahrheit ist, dass wir, wenn man die Zahl der arbeitslosen Menschen und diejenigen, die Arbeit suchen und in Schulungen sind, zusammenzählt, nach wie vor eine viel zu hohe Arbeits­losigkeit haben. Es wäre bedeutend besser und der allerbeste Beitrag, den eine Bundesregie­rung zur Pensionssicherung leisten könnte, etwas für die Beschäftigungsentwicklung in unse­rem Land zu tun, denn das ist das Einzige, was die Pensionen in Zukunft auch tatsächlich sichert, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn Sie europäische Vergleiche heranziehen – sehr gern! –, dann erklären Sie uns, wieso Österreich an vorletzter Stelle in der Europäischen Union liegt, was den Zuwachs von Arbeits­plätzen betrifft. Wie schaut Ihre Arbeitsmarktpolitik als Bundesregierung aus? Wie schaut eine offensive Wirtschaftspolitik von Ihrer Seite aus, die nur dazu beitragen würde, dass Österreich den Durchschnitt in der Arbeitsplatzentwicklung in Europa erreichen würde? – Dafür sind keiner­lei Initiativen vorgestellt worden.

Das Traurige ist, dass allein durch Ihre Misserfolge in der Beschäftigungspolitik in den letzten beiden Jahren den Sozialsystemen 350 Millionen € entgangen sind. Wenn Sie heute sagen, wir haben Finanzierungsschwierigkeiten, dann sage ich, ein gut Teil dieser Finanzierungsschwierig­keiten kommt davon, dass mit dem Ansteigen der Arbeitslosigkeit sowohl der Pensionsversiche­rung, der Krankenversicherung als auch der Unfallversicherung 350 Millionen € entgangen sind. Eine bessere Wirtschaftspolitik würde auch vollere Kassen für die Sozialpolitik in Österreich bedeuten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite