Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 12. Sitzung / Seite 109

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16.21


Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zum Schluss dieser Debatte versuchen, ein Resümee zu ziehen. Ich denke, dass alle, die diese Debatte verfolgt haben, eines gesehen haben: Diese Regierung und leider allen voran Sie, Herr Bundeskanzler, wollen mit dem Pen­sionskürzungsprogramm, das Sie planen, einen sozial ungerechten Weg für Österreich be­schreiten.

Besonders zynisch am heutigen Tag ist natürlich, dass Sie gleichzeitig von Prestigeprojekten nicht Abstand nehmen. Sie beschließen nämlich auch den Ankauf von sündteuren Abfang­jägern. Das ist Ihnen offensichtlich wichtiger als ein ambitioniertes und faires Pensionsreform­paket! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Ich habe Ihnen heute sehr genau bei Ihrer Erklärung zugehört, worum es ja jetzt bei der Debatte geht. Sie haben von Behutsamkeit geredet, aber in Wirklichkeit, Herr Bundeskanzler, ist diese Reform mit Grausamkeiten gespickt. Herr Bundeskanzler! Sie haben von Vertrauen gesprochen, aber in Wirklichkeit sagen Ihnen selbst Verfassungsrechtler, dass Ihre Reform den Vertrauensschutz verletzt.

Herr Bundeskanzler, Sie haben in Ihrer Erklärung vom großen österreichischen Weg gespro­chen, aber in Wirklichkeit haben gerade Sie diesen erfolgreichen Weg verlassen. Sie haben die Tür zugeschlagen und setzen mutwillig den sozialen Zusammenhalt und den sozialen Frieden in Österreich aufs Spiel. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Als Sie von Abfederungen gesprochen haben, haben sich viele daran erinnert, wie das Abfedern bei den Ambulanzgebühren und das Abfedern bei der Besteuerung der Unfallrenten war. Viele Menschen hatten, als Sie heute von Abfederungen gesprochen haben, immer mehr das Gefühl, dass sie bei Ihrer Reform nur Federn lassen müssen.

Und Sie haben letztendlich von Zukunftsfähigkeit gesprochen, aber in Wirklichkeit haben viele Menschen gerade auf Grund Ihrer Politik in den letzten Wochen und Monaten immer mehr Zu­kunftsangst.

Herr Bundeskanzler! Niemand mehr glaubt Ihnen, glaubt der Politik dieser Regierung mehr. Niemand mehr hat Vertrauen in Ihr Wort. Es gibt auch niemanden in Österreich, der die heute vorliegende Reform begrüßt. Ich habe keine Jubelrufe über diese Reform gehört, ich habe auch nicht gehört, dass es sich um eine vernünftige Reform handelt. Das Gegenteil ist der Fall: Diese Reform ist verantwortungslos und unvernünftig! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Viele haben Ihnen nahe gelegt, doch diesen Schritt, Ihr Pensionskürzungsprogramm, zurückzu­nehmen. Diesen Wunsch nach einem Neustart in der für die Menschen so wichtigen Diskussion hat nicht nur die SPÖ heute auch in Form eines Antrages formuliert, sondern dieser Wunsch nach einem Neustart wird von den Gewerkschaften in Österreich geteilt. Wie ich einer Aussen­dung entnehmen kann, teilt auch der ÖAAB diese Auffassung; auch er wünscht sich einen Neustart. Es wünscht sich die Wirtschaft in diesem Land einen Neustart, es wünscht sich sogar Kardinal Schönborn mittlerweile einen Neustart.

Und was tun Sie? Was tun die Regierungsparteien? Was tun Sie, Herr Bundeskanzler? Sie sitzen hinter mir – weiter halsstarrig, weiter abgehoben, weiter uneinsichtig, und Sie wollen auf Ihrem brutalen und kalten Kurs bleiben.

Meine Mutter hat immer sehr viele Sprichwörter verwendet, und es gibt da eines, das lautet: Jeder bekommt, was er verdient. – Herr Bundeskanzler, daher verdienen Sie heute diesen Misstrauensantrag. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Großruck: Aber er bekommt ihn nicht!)

Herr Bundeskanzler, Sie sind dialogunfähig. Diese Regierung ist dialogunfähig – dialogunfähig gegenüber den Sozialpartnern, dialogunfähig gegenüber dem Parlament, sie fährt über die In­teressen der Menschen drüber. Es geht jetzt nicht um mehr Geschwindigkeit, sondern es geht


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