Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 12. Sitzung / Seite 138

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

ler in diesem Land, es gebe einen Mangel, der unbedingt zu bereinigen sei, und das sei der Ju­gend­gerichtshof, der aufgelöst gehöre.

Im Gegenteil: Es gibt eine Vielzahl von inländischen und ausländischen Experten, die gerade diesen Gerichtshof, diese Einrichtung als eine höchst effiziente im Kampf gegen die Kriminalität dar­gestellt haben, weil der Jugendgerichtshof wie kein anderer Gerichtshof dieses Landes ge­zeigt hat, dass man mit straffällig gewordenen Jugendlichen so umgehen kann, dass die Rück­fallquote stärker sinkt als bei anderen Gerichtshöfen.

Wenn man schon den Jugendlichen gegenüber nicht das Verständnis aufbringt, zu meinen, dass jene, die sozial gestrauchelt sind, es verdienen aufgefangen zu werden, so ist es doch zu­min­dest ein gesellschaftliches Ziel, eine gesellschaftliche Notwendigkeit, dafür Sorge zu tragen, dass die Kriminalität so gering wie möglich ist, weil wir alle davon betroffen sind.

Herr Bundesminister! Ich habe nicht verstanden, warum Sie sich so auf dieses Thema „drauf­ge­setzt“ haben, weil Sie es anfänglich nie zu Ihrem Thema gemacht hatten. Inzwischen habe ich gehört – ich habe das auch im Rahmen der Diskussion vor den Wahlen verfolgt –, dass die­se Idee ursprünglich nicht von Ihnen war, sondern teilweise aus dem ÖVP-Klub gekommen ist.

Frau Kollegin Fekter, ich würde Sie ersuchen, hier und heute zu erklären, ob das stimmt und, wenn ja, warum Sie dieses Projekt in den Vordergrund gestellt haben, obwohl Sie vor den Wahlen erklärt haben, das sei ein Projekt, das nicht Ihre Zustimmung finde. Es ist doch so, dass Sie heute hier diesen traurigen Vorgang nicht nur begleiten, sondern das ursprünglich sogar an­ge­stiftet haben.

Ich würde Sie ersuchen, dazu Stellung zu nehmen, ob Sie das wirklich verantworten oder ob Sie sich davon distanzieren, und wenn Sie sich davon distanzieren, warum Sie dann heute hier so abstimmen werden. Das sind Sie, finde ich, diesem Land schuldig.

Meine Damen und Herren! Wir haben uns bemüht, wirklich jede Sachlichkeit in die Diskussion ein­fließen zu lassen. Wir haben auch eine Enquete veranstaltet und Wissenschafter sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland darum ersucht, uns darzulegen, warum diese Maßnahme ein justizpolitischer Wahnsinn ist.

Das Ergebnis ist Ihnen bekannt – vielleicht nicht jedem einzelnen von Ihnen, aber ich würde Sie er­su­chen, sich diese Problematik wirklich noch einmal vor Augen zu führen. Die Zeit ist zu kurz, um alle Fragen zu prüfen, das wäre vielleicht auch etwas zu viel verlangt, aber wenn man weiß, dass jetzt eine Maßnahme gesetzt wird, die definitiv keinen einzigen positiven Aspekt mit sich bringt, sondern nur Verschlechterungen, wenn man weiß, dass diese Maßnahme vermutlich nur aus der Emotionalität heraus gesetzt wird – und nach nunmehriger Erkenntnis auch gar keine ist, die man dem Minister zuordnet –, dann sollte man, denke ich, in dieser Frage doch noch ein­mal Vernunft walten lassen.

Herr Bundesminister! Meine Bitte an Sie wäre, einer Rückverweisung zuzustimmen. Wir bringen einen Antrag auf Rückverweisung an den Ausschuss ein, damit wir uns das alles noch einmal genau anschauen können. Ich appelliere an Ihre Großzügigkeit, damit hier nicht aus Bestemm einem Entwurf zugestimmt wird, von dem kein einziger ernst zu nehmender Experte sagt, er sei ver­nünftig. Wir wollen und sollten uns die Konsequenzen dieser Maßnahme noch einmal ge­nauer anschauen.

Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsfraktionen! Ich darf Sie ersuchen, sehr ernsthaft mit diesem Thema umzugehen.

Es geht nicht nur um die Strafvollzugsanstalt, sondern auch darum, dass Sie hier eine Einheit zerschlagen. Es gibt auch Jugendkriminalität ohne Verurteilungen zu Haftstrafen. Es geht auch darum, wie man mit den sozialen Schwierigkeiten in Familien umgeht, nämlich mit Pflegschafts­sachen. Es geht darum, dass man bei Personen unter 14 Jahren darauf achtet, was sich in die­sen Familien abspielt, und zwar zentral von einem Gerichtshof aus für ganz Wien; daher kennt jeder die zu Betreuenden und kann höchst effizient mit diesen Fällen umgegangen werden.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite