Indem Sie nunmehr
den Jugendgerichtshof zerschlagen, wird diese zentrale Verwaltung auf zwölf
Gerichte in ganz Wien aufgeteilt, und damit findet eine Zersplitterung statt,
die naturgemäß schon auf Grund dieses Vorganges eine Verschlechterung im
Umgang mit den jungen Menschen bewirkt – wobei es ja vor allem darum
geht, zu verhindern, dass diese jungen Menschen kriminell
werden.
Ich weiß nicht,
was daran sinnvoll sein soll. Ich habe nicht die Hoffnung, dass Sie dem zustimmen,
aber trotzdem richte ich den Appell an Sie, sich diese Maßnahme noch einmal zu
überlegen und wirklich der Vernunft eine Chance zu geben. Das wäre mein
großer Wunsch. In diesem Sinne darf ich Sie ersuchen, meine Damen und Herren:
Überlegen Sie sich bitte gut, worüber, wie und mit welcher Verantwortung Sie
heute hier abstimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und den
Grünen.)
18.30
Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist
Herr Abgeordneter Miedl. Freiwillige Redezeitbeschränkung:
6 Minuten. – Bitte.
18.30
Abgeordneter
Werner Miedl (ÖVP): Herr Präsident! Herr
Bundesminister! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Kollege Jarolim, ich habe Ihnen
sehr aufmerksam zugehört (Abg. Mag. Gaßner: Ist auch gut so!) und muss sagen: In Wirklichkeit haben
Sie in der Substanz kein einziges Argument vorgebracht, nicht eines! Ich bin bitter
enttäuscht, weil ich mir ein bisschen mehr erwartet habe. (Abg. Mag. Wurm: Kein einziges?! – Weitere
lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Frau Kollegin Wurm, zu Ihnen
komme ich noch ganz speziell.
Meine Damen und
Herren! Sie müssen sich das auf der Zunge zergehen lassen! Sie müssen wissen,
dass die Unterbringung in dem von Ihnen so hoch gelobten Strafvollzug für
Jugendliche zurzeit alles andere
als ein menschlicher Vollzug ist. Wir gehen her und verbessern genau diesen
Vollzug, und Ihnen passt das nicht! Das müssen Sie mir einmal ganz genau
erklären, meine Damen und Herren!
Ich sage
Ihnen – ich gehe jetzt in die Sache ein –, jawohl, wir haben ein
Problem mit straffällig gewordenen Jugendlichen, und zwar deswegen, weil es
offensichtlich so ist, dass gewisse Probleme immer häufiger werden, dass
immer häufiger jugendliche Täter folgende Begleiterscheinungen aufweisen:
Sie sind verstärkt Analphabeten, sie haben eine hohe Gewaltbereitschaft, sie
haben verstärkt psychische Schäden, immer öfter sind sie dem Drogenkonsum
anheim gefallen und unkritische Konsumenten.
Meine Damen und
Herren! Da müssen wir ansetzen! (Abg. Mag. Wurm: Da müssen wir bei der Bildungspolitik ansetzen!) Da
müssen wir etwas tun, aber wir sollten nicht hergehen und etwas verteidigen,
was nicht verteidigungswert ist. Denn wenn das so gut ist, wie Sie sagen, Herr
Kollege Jarolim, dann frage ich Sie: Warum haben Sie das nur in Wien
eingerichtet, aber nicht in Innsbruck, nicht in Graz und nicht in Linz? –
Das ist ein schwer wiegendes „Versäumnis“ gegenüber den Jugendlichen, wenn Sie
es als so gut empfinden. Ich verstehe das nicht, Herr Kollege Jarolim. (Beifall
bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Mag. Mainoni und Dipl.-Ing. Hofmann.)
Die Rechtswohltat
und die Privilegien, die für den jugendlichen Straftäter im Interesse seiner
Gesundung im Gesetz festgeschrieben sind, kommen ihm nach wie vor zugute, und
ich stehe dazu, weil ich an eine Resozialisierung der jugendlichen Straftäter
glaube! Aber ich denke, dass vorerst auch andere Dinge zu tun wären, die
vielleicht verhindern würden, dass der Jugendliche überhaupt zum Straftäter
wird!
Die
Rahmenbedingungen zu verbessern – das halte ich für menschenwürdig, das
halte ich für jugendgerecht –, damit sollten wir uns beschäftigen, Herr
Kollege Jarolim, aber nicht mit der Lächerlichkeit, in welchen Strukturen der
Vollzug geschieht. Ob der Jugendstrafvollzug mit Präsident oder ohne Präsident
durchzuführen ist, das ist nicht das Thema. Das beschäftigt vielleicht die SPÖ,
aber ganz sicher keinen Jugendlichen, der straffällig geworden ist, meine Damen
und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)