Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 12. Sitzung / Seite 142

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Professor Friedrich hat in dieser Veranstaltung etwas gesagt, was mich sehr stutzig gemacht hat. Er hat gesagt, dass jeder einzelne jugendliche Häftling – das ist offensichtlich seine Erfah­rung als Jugendpsychiater über Jahre – aus einer Familie kommt, die im Schnitt mit mindestens 20 Polizeiinterventionen dokumentiert ist, bevor der junge Mensch mit dem Gericht, in dem Fall mit dem Jugendgericht, in Konflikt gerät. – Das ist höchst alarmierend, und das war mir bis zu diesem Moment nicht bewusst.

Da gehe ich mit Herrn Miedl konform, da ist Prävention, da ist Jugendwohlfahrt angesagt. Da hat Herr Bundeskanzler – angeblich Familienkanzler – Schüssel wirklich die Möglichkeit, etwas zu tun. Aber nicht so, Herr Justizminister, denn in der gesamten Aktion rund um die Ab­schaf­fung des Jugendgerichtshofes ist nichts enthalten, was die Qualität verbessert.

Ich weiß nicht, ob ich es im Ausschuss gesagt habe, wenn nicht, sage ich es Ihnen jetzt: Ich habe eine Vermutung jenseits der Groteske Bernhardschen Stils, die sich hier abgespielt hat, war­um das alles so passiert ist. – Hier schlägt das Imperium zurück, das Imperium Justiz­mi­niste­rium mit der politischen Spitze Böhmdorfer, denn das Parlament hat vor drei Jahren, als es um die Senkung der Volljährigkeit ging – relativ emanzipatorisch haben wir Abgeordnete uns ge­­gen­über dem Ministerium verhalten –, durchgesetzt, dass bestimmte Benefizien im Jugend­straf­recht auch für so genannte junge Erwachsene zwischen 18 und 21 Jahren schlagend wer­den.

Das hat nicht wirklich zu 100 Prozent die Zustimmung der Bürokratie gefunden – ganz offen­sicht­lich, weil nämlich keine Vorsorge dafür getroffen wurde, weder budgetär noch personell noch was sonstige Ressourcen angeht –, und daher haben halt jetzt die – wahrscheinlich, so ver­mute ich – Herren im Justizministerium mit der männlichen Spitze Böhmdorfer gesagt: Jetzt zeigen wir ihnen, was das heißt! Jetzt sind nämlich tatsächlich Umstände eingetreten, die nicht korrekt sind. Es war zu wenig Platz, es wurde hin- und hergeführt, aber es wäre Ihre Aufgabe ge­wesen, Vorsorge zu treffen. Was ist das Resultat des Ganzen? – Es wird buchstäblich über die Köpfe der Jugendlichen Politik im schlechtesten Sinne gemacht. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Deshalb haben wir bis zuletzt versucht, das öffentlich zu machen, was heute Realität im Ju­gend­strafvollzug im Grauen Haus ist: schlafen, fernsehen, essen, fernsehen, schlafen. Das ist das, was die Jugendlichen dort machen können. Weit und breit keine sinnvolle Freizeit­ge­stal­tung, weil es gar keine Möglichkeiten gibt, weil es einen betonierten Hof gibt, aber keinen Sport­platz, weil es kein Personal gibt, das sich darum kümmert. Aber das, Herr Minister, wissen Sie viel besser als ich, denn Sie sind zuständig, nicht ich.

Es war früher auch nicht ideal. Die Situation in der Rüdengasse war jenseits von ideal. Das, was an den Zellen kritisiert wurde, an wirklich menschenrechtswidrigen Zuständen, ist zu Recht kri­tisiert worden. Ihre Aufgabe wäre es gewesen, das abzustellen, aber nicht derart, dass man den Jugendgerichtshof zerschlägt. In diese Immobilie in der Rüdengasse hat man zig Millionen, ich glaube, 90 Millionen, investiert, und jetzt steht sie zum Verkauf. Es gibt Interessenten, aber mehr sage ich jetzt nicht dazu, weil ich auch keine Details weiß; sie wird halt versilbert.

Wo ist er jetzt, der das gesagt hat mit den nicht österreichischen Jugendlichen, die der deut­schen Sprache nicht mächtig sind? Sie (in Richtung des Abg. Miedl) behaupten die ganze Zeit, dass Sie eine Ahnung von Jugendlichen haben?! Nur weil jemand keinen österreichischen Rei­se­pass hat, heißt das noch lange nicht, dass er nicht deutsch kann. Die meisten können min­destens so gut deutsch wie Sie, Herr Miedl! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.44


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Die Uhr ist auf 5 Minuten gestellt. – Bitte.

18.44


Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Trotz der emotionalen Besetzung dieses Themas sollte man die Kirche im Dorf lassen. Vor allem


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