Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 12. Sitzung / Seite 143

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sollte man nicht verzerrte Darstellungen bringen, vor allem dann nicht, wenn man uninformiert ist. Frau Abgeordnete Stoisits hat hier eindeutig belegt, dass sie uninformiert ist.

Sie haben zum Beispiel behauptet, Frau Abgeordnete Stoisits, in der Josefstadt gäbe es ab 15 Uhr für 1 000 Häftlinge 35 Justizwachebeamte. Erstens ist nicht um 15 Uhr, sondern um 16 Uhr der Einschluss, zweitens gibt es für die Jugendlichen sechs Abteilungen, und für jede Ab­­teilung steht ein eigener Justizwachebeamter bis 19 Uhr zur Verfügung. (Abg. Mag. Wurm: Aber nicht für die Jugendlichen!) Im Gefangenenhaus im Jugendgerichtshof war die Situation nicht anders. Dort hat es auch für 70 Häftlinge maximal 6 Justizwachebeamte gegeben.

Bitte, verzerren Sie das nicht, vor allem sagen Sie doch nicht, es werde Politik im schlechtesten Sinne über die Köpfe der Jugendlichen gemacht! Das ist eine Verunsicherung, die ganz einfach untragbar ist, Frau Abgeordnete Stoisits. Es gibt auch Werkstätten im Gefangenenhaus in der Josef­stadt. Ich weiß nicht, ob Sie schon jemals dort waren. Es gibt Werkstätten für alle mögli­chen Berufen, wo die Jugendlichen etwas arbeiten können. Es gibt die Möglichkeit, Schulab­schlüsse zu machen, und vieles mehr. – Wie gesagt: Bleiben Sie doch bitte bei der Wahrheit!

Aber mit Die-Kirche-im-Dorf-Lassen meine ich auch die SPÖ. Diese verlässt nämlich die seriöse Argumentation zur Gänze, wenn sie im Minderheitsbericht behauptet – und auch Herr Kollege Ja­rolim hat das heute getan –, es werde durch die Zerschlagung des Jugendgerichtshofes mehr Kri­minalität geben, es werde mehr Rückfälle geben. – Wie kommen Sie eigentlich dazu, solch eine Verunsicherungspropaganda zu machen? (Abg. Mag. Wurm: 10 Prozent mehr Häftlinge!) Sie wissen doch ganz genau, dass es den Jugendgerichtshof nur in Wien gegeben hat, dass es in anderen Landeshauptstädten gar keinen eigenen Jugendgerichtshof gegeben hat. Wollen Sie sagen, das habe dazu geführt, dass es mehr Kriminalität und höhere Rückfälle in den Landes­hauptstädten gegeben hat? Das ist doch paradox. – Bleiben Sie doch bitte auf dem Boden der Realität und bei der sachlichen Argumentation, auch wenn Sie mit der Neuregelung nicht ein­ver­standen sind!

Es ist auch nicht richtig, dass die Auflösung des Jugendgerichtshofes zu einer Verschlechterung für die Jugendlichen führt. Gestehen Sie sich das doch ein! Es gibt weiterhin das Jugendge­richts­gesetz, und dieses wird auch weiterhin von Jugendrichtern ausgeübt. (Abg. Heinisch-Hosek: Die lehnen das auch ab!) Aber selbst dann, wenn es keine eigenen Jugendrichter gäbe, glau­ben Sie nicht, dass auch ein Richter für allgemeine Strafsachen in der Lage wäre, das Ju­gendgerichtsgesetz anzuwenden?! So viel Vertrauen müssten Sie in die Ausbildung der Richter haben, dass sie das Jugendgerichtsgesetz anwenden können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sagen, es gebe keinen einzigen Punkt, der positiv sei. – Das stimmt überhaupt nicht! Die Unterbringung wird wirklich entscheidend verbessert. Es gibt eigene Spazierhöfe, es gibt eigene Räume für die Aus- und Fortbildung. Es gibt Ordina­tions­räume für die medizinische Versorgung, einen perfekt ausgestatteten Turnsaal. Den Sport­platz, von dem Sie reden, Frau Abgeordnete Stoisits, haben manche Schulen nicht, aber der Turnsaal ist wirklich großartig, Sie sollten ihn sich einmal anschauen; ich habe ihn schon ge­sehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie sich einmal vergegenwärtigen, wie es um die Räumlichkeiten im Jugendgerichtshof be­stellt war, dann werden Sie erkennen, dass das wirklich nicht mehr dem Standard ent­spre­chend war. Ich glaube, es gibt auch eine Kommission, die festgestellt hat, dass die Hafträume im Jugendgerichtshof nicht mehr der Anti-Folter-Konvention entsprochen haben. 9 Quadrat­me­ter für zwei Jugendliche, die Toilette nur durch einen Vorhang abgetrennt – jetzt gibt es das nicht mehr. Gehen Sie hin, schauen Sie es sich an! Es gibt neue, moderne Hafträume. Ich habe das alles selbst gesehen, sonst würde ich das nicht behaupten.

Natürlich spielte auch der Einsparungsgedanke eine Rolle beim Justizminister. Das ist aber doch nicht verwerflich. Es stehen über 1 000 Quadratmeter an Büroräumlichkeiten im Lan­des­gericht für Strafsachen in Wien zur Verfügung, renoviert im Jahr 1997. Das alles steht leer, und das soll man verkommen lassen und im Jugendgerichtshof Miete bezahlen? 5 Millionen € oder Schil­ling – es ist zwar ein riesiger Unterschied, aber ich weiß es trotzdem nicht – können ein­ge-


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