Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 12. Sitzung / Seite 149

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Ich möchte in diesem Zusammenhang eine Aussage des Kollegen Mainoni in der Debatte zum vor­­hergehenden Tagesordnungspunkt aufgreifen. Da hat er nämlich gemeint – und das stimmt –, dass wir in unserer Republik derzeit einen sehr hohen Insassenstand in den Ge­fäng­nissen haben. Wir haben, Herr Minister, 8 000 Haftplätze und haben 7 944 Insassen. Dabei gibt es ein großes Ost-West-Gefälle. Das Problem ist ja in Wirklichkeit – man kann das alles schön zer­legen, es wird dadurch aber nicht besser –, dass wir etwa in einer besonders belasteten Dienst­­stelle wie jener in der Josefstadt, wo es, wie wir beide wissen, Herr Minister, 950 Haft­plätze gibt, mit dem gestrigen Tag 1 267 Insassen gehabt haben und dass wir eine solche An­zahl das letzte Mal vor 30 Jahren gehabt haben (Abg. Dr. Partik-Pablé: Vor 15 Jahren ha­ben Sie 1 300 Häftlinge ...!), Frau Kollegin, oder vor 25 Jahren. Aber wir wissen, wie problematisch dieser Zustand ist, was die Gesamtsituation betrifft. Und das macht die Situation ja so schwie­rig!

Der beste Beweis dafür, dass es schwierig ist, Frau Kollegin, ist die Tatsache, dass der Herr Bundesminister eine Außenstelle für die Justizanstalt Josefstadt in Simmering errichten lassen musste, und zwar für U-Häftlinge. Wissen Sie, warum? – Weil wir mit dem gestrigen Tag – und das, so glaube ich, sogar erstmals in der Geschichte – 1 000 U-Häftlinge in der Josefstadt sitzen hatten! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Dafür kann ja der Minister nichts!) – Nein, aber ich verlege nicht einen sensiblen Bereich des Strafvollzugs in einen sehr angespannten oder in den am meisten an­ge­spannten Bereich der Justiz von ganz Österreich! Dadurch mache ich doch das Problem nicht kleiner! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist aber kein Strafvollzug, die U-Haft!)

Herr Bundesminister, ich möchte auch hier in aller Deutlichkeit an Sie appellieren und Sie er­su­chen: Setzen Sie sich bitte auch in der Regierung durch und lassen Sie nicht zu, dass die Justiz kaputtgespart wird! Ich sage das jetzt nicht nur in Bezug auf den Strafvollzug, sondern auf die gesamte Justiz. Die Menschen stehen bei uns wirklich im wahrsten Sinne des Wortes an der Front. Alle internationalen Experten haben diesbezüglich klare Aussagen getroffen, und ich möch­te alles, nur nicht, dass irgendeine Bedienstete oder ein Bediensteter der Josefstadt viel­leicht einmal beschuldigt wird, dass dort kein ordentlicher Dienst verrichtet wird. Dort wird im In­teresse der Republik, im Interesse der Humanität Übermenschliches geleistet, meine sehr ge­ehrten Damen und Herren, aber die Josefstadt war und ist in der jetzigen Situation nicht geeig­net. (Beifall bei der SPÖ.)

19.13


Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

19.13


Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehr­te Damen und Herren des Hohen Hauses! Sehr geehrter Herr Abgeordneter, vielen Dank für Ihre Worte. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Vieles von dem, was Sie gesagt haben, ist richtig. (Ru­fe bei der SPÖ: Alles! Alles!) Die ansteigenden Häftlingszahlen sind Besorgnis erregend. Sie sind das Ergebnis einer gestiegenen Kriminalitätswelle und gerichtlicher Entscheidungen insbe­son­dere im Bereich der U-Haft. Warum der U-Haft? – Weil Sie sich hier im Jugendlichen-Be­reich bewegen und Jugendliche, insbesondere die 14- bis 18-Jährigen – und das hat nichts mit der Gesetzgebung der letzten Jahre zu tun –, immer in Gruppen, juristisch gesagt: Banden, auf­treten, deshalb in U-Haft genommen werden müssen und weil sie getrennt vernommen werden müssen. – Das ist der eine Grund.

Der zweite Grund ist, dass wir eine – entschuldigen Sie vielmals, ich muss es hier sagen – Kri­minalitätswelle aus dem Ausland haben. Und bei Personen, die ihren Wohnsitz nicht in Österreich haben, nimmt man eben eher als bei anderen den Haftgrund der Fluchtgefahr an. Das heißt, auch hier kommt es zu erhöhter Verhängung von U-Haften.

Das ist unser Problem, und ich sorge mich genauso wie Sie, Herr Abgeordneter. Ich habe das heute der österreichischen Bundesregierung in einem Ministerratsvortrag mitgeteilt, und wir wer­den dieses Problem lösen.

Wir sind schon dabei, durch Zubauten und ähnliche Maßnahmen dieses Problem zu lösen. Wir ha­ben genauso schnell reagiert, wie wir auf die unerträgliche Situation in der Justizanstalt Erd-


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