Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 12. Sitzung / Seite 150

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berg reagiert haben. Und das ist das heutige Ergebnis! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.14


Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

19.15


Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Da­men und Herren! Die Vorsitzende des Justizausschusses, Frau Dr. Fekter, ist uns eigentlich noch eine Antwort schuldig. Es geht ja das Gerücht, Frau Dr. Fekter, um, dass Sie besonders an der Zerschlagung des Jugendgerichtshofes interessiert gewesen wären. Bisher schweigen Sie dazu – aber das scheint ja in der Österreichischen Volkspartei immer üblicher zu werden. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Können Sie sich noch erinnern – ich kann mich noch gut daran erinnern –, wie Sie uns einmal erklärt haben, dass wir außerhalb Wiens keinen einzigen Jugendrichter fin­den werden, der gegen die Auflösung des Wiener Jugendgerichtshofes eintreten würde? – Ich kann Ihnen Folgendes sagen: Wir haben jetzt eine fraktionelle Enquete der SPÖ zur Auflösung des Jugendgerichtshofes gehabt. Zu dieser war auch ein Jugendrichter aus Innsbruck, Dr. Günt­her Böhler, ein Richter mit ausgezeichnetem Ruf, eingeladen. Dieser hat sich alles an­de­re als gegen den Jugendgerichtshof in Wien ausgesprochen. Auch Frau Dr. Astrid Hen­hofer, Stellvertreterin des Obmannes der Fachgruppe Jugendrichter und -richterinnen am OLG Linz, hat sich für die Beibehaltung des Jugendgerichtshofes ausgesprochen. Der Richter Dr. Böhler aus Tirol, also aus dem Westen des Bundesgebietes, hat zusammengefasst Folgen­des gesagt – ich zitiere –:

Zusammengefasst nur zum Jugendgerichtshof noch einmal: Die Auflösung dieser funktionie­renden Einrichtung ist auch uns aus westlicher Sicht nicht verständlich, zumal dieses Netzwerk mehr als gut, nämlich richtig, funktioniert. – Zitatende.

Was sich Dr. Böhler gewünscht hätte und nach wie vor wünscht – und immer wieder wendet er sich mit Bitten, mit Petitionen an das Justizministerium –, ist, dass zum Beispiel auch in Inns­bruck, also in den Bundesländern die Jugendgerichtshilfe eingerichtet wird. Alle Bemühungen in diese Richtung, so sagt er, sind aber in Tirol bisher gescheitert. – Hier, Herr Bundesminister, ist Handlungsbedarf gegeben. Hier sollte etwas geschehen!

Ich darf einen weiteren Experten, der an dieser Enquete teilgenommen hat, zitieren, und zwar Pro­fessor Viehmann aus der Bundesrepublik Deutschland. Dieser sagte:

Die Auflösung des Jugendgerichtshofes Wien scheint mir ein ähnlich bedauernswerter Akt der Kriminalpolitik zu sein, ein Akt der Bürokratie, fiskalisch-organisatorisch begründet, gegen eine fast 80-jährige Rechtskultur. Die Auflösung des Wiener Jugendgerichtshofes ist für mich ein Akt kriminalpolitischen Rückschrittes. – Zitatende. So sagt ein weiterer Experte.

Zum Schluss meiner Argumentation möchte ich auf etwas eingehen, was auch Sie in Ihrer zweiten Wortmeldung noch einmal ins Treffen geführt haben, nämlich dass ja einer der wesent­lichen Gründe, warum der Jugendgerichtshof von Erdberg in die Josefstadt verlagert worden ist, darin bestand, dass es dadurch zu einer Qualitätsverbesserung kommen sollte.

Dazu gibt es nun aber eine wissenschaftliche Studie, verfasst von Professor Christian Grafl vom Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien und seiner Assistentin Dr. Judith Stum­mer. Die Autoren dieser Studie haben eine Umfrage unter den jugendlichen Häftlingen durchgeführt, und ich kann Ihnen im Gegensatz zu dem, was hier immer wieder ins Treffen ge­führt wurde – von Herrn Miedl, von Herrn Mainoni und auch von Ihnen, Herr Minister –, nur eines sagen, nämlich dass die Jugendlichen – und es wurden alle befragt, es ist also eine mehr als repräsentative Umfrage – im Durchschnitt mit den Haftbedingungen im früheren Jugend­gerichts­hof in Erdberg zufriedener waren als mit der jetzigen Situation.

 


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