Herr Klubobmann
Molterer, ein gravierender Punkt, der geändert werden muss, ist, dafür zu sorgen,
dass wirklich 80 Prozent am Ende herauskommen – und nicht
55 Prozent. Das ist zumindest das Ziel von uns Sozialdemokraten. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)
Der zweite
gravierende Mangel ist: Wenn zwei Menschen heute in einem Betrieb arbeiten und
der eine geht heuer in Pension und der andere nächstes Jahr, dann frage ich
Sie: Wie können Sie es rechtfertigen, dass derjenige, der nächstes Jahr in
Pension geht, mit genau den gleichen Versicherungszeiten um 15 Prozent
weniger bekommt als derjenige, der heuer in Pension geht?
Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Es gibt kein einziges sozialpolitisches Argument
(Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: Das stimmt einfach nicht! Das ist das
Problem!), das diese Vorgangsweise rechtfertigen würde. Das ist eine
Enteignungsaktion, die korrigiert werden muss. (Beifall bei der SPÖ und den
Grünen. – Abg. Scheibner: Es ist ungeheuerlich, was Sie da
sagen!)
Der dritte Punkt
ist: Die letzten Jahre der schwarz-blauen Regierung haben dazu geführt, dass
die Arbeitslosenzahl in Österreich im Jahresdurchschnitt um 45 000 höher
war als davor. In einer Zeit mit robust hoher Arbeitslosigkeit (Abg. Scheibner: Wann davor?) kann es nicht Aufgabe des Staates sein, die
Arbeitslosigkeit zum Beispiel durch diese Pensionskürzungsreform noch
künstlich zu erhöhen, sondern ganz im Gegenteil: Aufgabe des Staates muss es
sein, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass die Arbeitslosigkeit sinkt und nicht
weiter steigt, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ
und bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich habe mit
großem Interesse verfolgt, dass der Finanzminister gestern gesagt hat: Heute erben
wir die Probleme der Frühpensionierungsaktionen der achtziger und neunziger
Jahre. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wissen Sie, welcher Arbeitgeber
in Österreich derzeit die Arbeitnehmer am frühesten entlässt und in Pension
schickt? – Es ist der Staat, und es sind die staatsnahen Unternehmungen,
die die Arbeitnehmer mit 55 Jahren oder weniger in Pension schicken,
während dem Rest gesagt wird, ihr sollt bis 65 Jahre arbeiten. Das ist
kein guter Arbeitgeber, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei
der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Ihre Eisenbahner, Ihre ÖBB!)
Daher sollte eine
Regierung zumindest imstande sein (Abg. Scheibner: Wieso droht dann die ÖBB-Gewerkschaft
mit Streik, wenn man dort das Pensionsalter erhöhen möchte? Was ist mit den
Eisenbahnern?), im Staat und bei der Regierung dasselbe zu tun, was man
auch von den anderen Unternehmungen tatsächlich verlangt. (Abg. Scheibner: Wieso will man dort streiken?)
Im Übrigen ist
auch die These des Herrn Finanzministers interessant gewesen, dass wir eine größere
Risikobereitschaft brauchen und das Risiko in unserem Land ansteigen muss. Ich
finde, das ist eine kühne These, vor allem wenn sie vom Finanzminister kommt.
Das Risiko der Arbeitnehmer in Österreich, die ASVG-versichert sind, ist
entweder, dass sie eine Arbeit haben oder arbeitslos sind oder in Pension
gehen. Das Risiko des Herrn Finanzministers ist: Sollte er nicht mehr dieser
Tätigkeit nachkommen, kann er in seinen früheren Betrieb zurückkehren. Solch
eine Risikoabdeckung würden sich viele Österreicherinnen und Österreicher wünschen.
(Zwischenruf des Abg. Großruck.) Wenn man im gemachten Bett
liegt, kann man leicht über Risikobereitschaft anderer reden, meine sehr
verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der
Grünen.)
Ihre gestrige
Rede, Herr Finanzminister, ist eindeutig bewertet worden, wie ich heute in
einem Kommentar von Michael Moravec nachlesen kann. (Abg. Großruck: Wissen Sie eigentlich, was eine Firma
ist, Herr Gusenbauer?) So ziemlich alles, was in der Regierung
Schüssel I noch mit missionarischem Feuereifer verkündet und erfunden
wurde, ist nun nicht mehr wahr, wurde so nie gesagt, ist leider nicht mehr
möglich. Die Bilanz, die Sie vorgelegt haben, und das, was Sie in Zukunft
vorhaben, ist: Steuern erhöhen, Wachstum reduzieren, Defizit erhöhen, Pensionen
reduzieren, Schulden erhöhen, Zukunftsinvestitionen reduzieren,
Arbeitslosigkeit erhöhen und Bildung reduzieren.