Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 15. Sitzung / Seite 30

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Herr Klubobmann Molterer, ein gravierender Punkt, der geändert werden muss, ist, dafür zu sor­gen, dass wirklich 80 Prozent am Ende herauskommen – und nicht 55 Prozent. Das ist zu­mindest das Ziel von uns Sozialdemokraten. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Der zweite gravierende Mangel ist: Wenn zwei Menschen heute in einem Betrieb arbeiten und der eine geht heuer in Pension und der andere nächstes Jahr, dann frage ich Sie: Wie können Sie es rechtfertigen, dass derjenige, der nächstes Jahr in Pension geht, mit genau den gleichen Versicherungszeiten um 15 Prozent weniger bekommt als derjenige, der heuer in Pension geht?

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt kein einziges sozialpolitisches Argument (Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: Das stimmt einfach nicht! Das ist das Problem!), das diese Vor­gangsweise rechtfertigen würde. Das ist eine Enteignungsaktion, die korrigiert werden muss. (Bei­fall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Es ist ungeheuerlich, was Sie da sagen!)

Der dritte Punkt ist: Die letzten Jahre der schwarz-blauen Regierung haben dazu geführt, dass die Arbeitslosenzahl in Österreich im Jahresdurchschnitt um 45 000 höher war als davor. In einer Zeit mit robust hoher Arbeitslosigkeit (Abg. Scheibner: Wann davor?) kann es nicht Aufgabe des Staates sein, die Arbeitslosigkeit zum Beispiel durch diese Pensionskürzungs­re­form noch künstlich zu erhöhen, sondern ganz im Gegenteil: Aufgabe des Staates muss es sein, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass die Arbeitslosigkeit sinkt und nicht weiter steigt, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grü­nen.)

Ich habe mit großem Interesse verfolgt, dass der Finanzminister gestern gesagt hat: Heute er­ben wir die Probleme der Frühpensionierungsaktionen der achtziger und neunziger Jahre. Mei­ne sehr geehrten Damen und Herren! Wissen Sie, welcher Arbeitgeber in Österreich derzeit die Arbeitnehmer am frühesten entlässt und in Pension schickt? – Es ist der Staat, und es sind die staatsnahen Unternehmungen, die die Arbeitnehmer mit 55 Jahren oder weniger in Pension schicken, während dem Rest gesagt wird, ihr sollt bis 65 Jahre arbeiten. Das ist kein guter Ar­beitgeber, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Scheibner: Ihre Eisenbahner, Ihre ÖBB!)

Daher sollte eine Regierung zumindest imstande sein (Abg. Scheibner: Wieso droht dann die ÖBB-Gewerkschaft mit Streik, wenn man dort das Pensionsalter erhöhen möchte? Was ist mit den Eisenbahnern?), im Staat und bei der Regierung dasselbe zu tun, was man auch von den an­d­eren Unternehmungen tatsächlich verlangt. (Abg. Scheibner: Wieso will man dort streiken?)

Im Übrigen ist auch die These des Herrn Finanzministers interessant gewesen, dass wir eine grö­ßere Risikobereitschaft brauchen und das Risiko in unserem Land ansteigen muss. Ich fin­de, das ist eine kühne These, vor allem wenn sie vom Finanzminister kommt. Das Risiko der Ar­beitnehmer in Österreich, die ASVG-versichert sind, ist entweder, dass sie eine Arbeit haben oder arbeitslos sind oder in Pension gehen. Das Risiko des Herrn Finanzministers ist: Sollte er nicht mehr dieser Tätigkeit nachkommen, kann er in seinen früheren Betrieb zurückkehren. Solch eine Risikoabdeckung würden sich viele Österreicherinnen und Österreicher wünschen. (Zwischenruf des Abg. Großruck.) Wenn man im gemachten Bett liegt, kann man leicht über Risikobereitschaft anderer reden, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ihre gestrige Rede, Herr Finanzminister, ist eindeutig bewertet worden, wie ich heute in einem Kom­mentar von Michael Moravec nachlesen kann. (Abg. Großruck: Wissen Sie eigentlich, was eine Firma ist, Herr Gusenbauer?) So ziemlich alles, was in der Regierung Schüssel I noch mit missionarischem Feuereifer verkündet und erfunden wurde, ist nun nicht mehr wahr, wurde so nie gesagt, ist leider nicht mehr möglich. Die Bilanz, die Sie vorgelegt haben, und das, was Sie in Zukunft vorhaben, ist: Steuern erhöhen, Wachstum reduzieren, Defizit erhöhen, Pensionen re­duzieren, Schulden erhöhen, Zukunftsinvestitionen reduzieren, Arbeitslosigkeit erhöhen und Bil­dung reduzieren.

 


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