Präsident
Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr
Abgeordneter Verzetnitsch. – Bitte.
11.56
Abgeordneter
Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr
Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Werte Mitglieder der Bundesregierung! Hohes
Haus! Herr Bundeskanzler, Sie haben vor wenigen Minuten gesagt, es sei
unrichtig, dass die Notstandshilfe in die Sozialhilfe übergeführt wird. Ich
zitiere: „Überführung der Notstandshilfe in eine Sozialhilfe-neu“ – Ihr
Regierungsprogramm 2002/2003.
Man muss aber auch
da, wie bei vielen Dingen, die Sie uns heute hier auf den Tisch legen und zur
Diskussion stellen, immer wieder auch das Kleingedruckte lesen. (Abg.
Dr. Brinek: Sozialhilfe-neu!)
Was bedeutet denn
„Sozialhilfe-neu“? – Das heißt in Wirklichkeit, dass die Menschen aus der
Arbeitsmarktverwaltung herauskommen und keine Maßnahmen mehr aus diesem
Bereich erhalten. Das heißt, dass Regressansprüche gegen Kinder erhoben
werden können, und das heißt, dass das eigene Auto zur Bezahlung herangezogen
werden kann. Ihr Landeshauptmann Schausberger hat vor wenigen Wochen erklärt,
16 Millionen € würde das das Bundesland Salzburg kosten. Er verlangt
einen Regress vom Bund.
Ich sage Ihnen
darauf: Wenn Sie Pensionen kürzen, dann soll der Bund diesen Ausfall genauso ersetzen
wie den von Landeshauptmann Schausberger geforderten Betrag, wenn es um die Sozialhilfe
geht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Brinek: Häupl!)
Wir haben heute
die Budgetrede zu diskutieren. Es wäre ja reizvoll, umfassend über das Budget
zu debattieren. Faktum ist aber, dass zum ersten Mal in der Geschichte dieser
Republik 91 Gesetze als Budgetbegleitgesetze in ein Budgetgesetz
eingebunden werden, die Auswirkungen haben, bei denen normalerweise jahrelang
über die einzelnen Maßnahmen diskutiert wird.
Und wenn Sie mir
vorhalten, Herr Finanzminister – Sie haben ja nicht nur gestern Franz Olah
zitiert, sondern vorgestern auch Anton Benya –, unter Anton Benya und
Franz Olah hätte es das nicht gegeben, dann antworte ich Ihnen darauf: Recht
haben Sie! Recht haben Sie deswegen, weil es weder unter Franz Olah noch unter
Anton Benya eine solche Regierung gegeben hat, meine sehr geehrten Damen und
Herren! (Beifall bei der SPÖ.)
Ein Pensionsrecht
für alle, also die Harmonisierung der unterschiedlichen Systeme in Österreich,
das muss unser Ziel sein. Hiezu werden wir den konstruktiven Dialog mit der
Gewerkschaft aufnehmen. – Wissen Sie, wer das gesagt hat? Der hinter mir
sitzende Finanzminister im März 2001. Und was hat hier stattgefunden zu
einer umfassenden Pensionsreform?!
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Sehen Sie sich die Internet-Seiten Ihrer eigenen Parteien
an! Finden Sie dort irgendeinen Vorschlag zu einer umfassenden
Pensionsreform? – Sie finden etwas, was eine Pensionskürzung
ist und sich „Pensionssicherung“ nennt, aber keine Vorschläge zu einer umfassenden
Pensionsreform, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ
und den Grünen. – Abg. Dr. Stummvoll: Wo sind Ihre
Konzepte?)
Es geht darum,
dass die Emanzipation des Bürgers vorangetrieben wird, die Einbindung in die
Politikformulierung und -durchführung und die Förderung ihrer aktiven
Mitarbeit bei der Lösung unserer gemeinsamen Probleme. – Wieder derselbe
Finanzminister im Jahr 2001.
Und wenn sich dann
Bürgerinnen und Bürger einbringen in die Diskussion, dann hören wir von dieser
Regierung: Wir weichen nicht dem Druck der Straße! – Es handelt sich hier
nicht um einen Mob, um einen Aufruhr, es handelt sich um Ihre Wählerinnen und
Wähler – neben anderen Menschen –, die ihre Meinung zum Ausdruck
bringen wollen! Nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ und den
Grünen. – Bundesminister Dr. Bartenstein: „Mob“ ist Ihr
Ausdruck! – Abg. Mag. Molterer: Professor Strasser!)