Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 15. Sitzung / Seite 88

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Der Herr Beisitzer hilft mir zählen. Sie beginnen hier, ich beginne dort. – Es sind 46 stehende und 63 sitzende Abgeordnete. (Abg. Scheibner: Gusenbauer war nicht da!) – Damit ist der An­trag abgelehnt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Lichtenberger. – Bitte.

14.55


Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich stelle fest, dass heftiger Applaus ertönte dafür, dass es von der Mehrheit als nicht notwendig erachtet wurde, dass der Finanzminister oder der Staatssekretär für Finanzen dieser Debatte beiwohnt. Offensichtlich scheint es also doch so zu sein, dass man einige Kolonnen noch nachrechnen und nachzählen beziehungsweise einige Formulierungen ausbessern muss, und das erfordert eben seine Zeit. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte mich aber trotzdem auf die Ausführungen des Herrn Finanzministers Grasser be­ziehen, der in seiner Budgetrede festgestellt hat – das klingt ja immer sehr gut und entspricht auch bestimmten Ideologien ganz besonders –, man möge die Unternehmen von Fesseln be­freien, man möge so wenig Steuern wie möglich verlangen – ich verkürze jetzt etwas – und man mö­ge so viele gesetzliche Regelungen wie möglich streichen, denn das würde einen entspre­chenden Anreiz für Investitionen darstellen.

Nun gebe ich dem Herrn Minister in einigen Bereichen durchaus Recht. Regelungen in Berei­chen der Gewerbeordnung dahin gehend, wann welches Gewerbe unter welchen Bedingungen und, wenn nein, warum nicht tätig werden darf, sind schon längst überfällig, aber jegliche No­vellierung wird da auf Grund brancheninterner Streitereien blockiert. Deswegen stürzt man sich ja auf andere Bereiche. Wenn wir aber davon reden, die Unternehmen von Fesseln zu befreien oder Steuern zu senken, so muss es denn doch auch noch darum gehen, dass zumindest die be­stehenden Regelungen eingehalten werden, und dazu wird es auch einiges an Kontrolle brau­­chen.

Meine Damen und Herren! In der letzten Budgetdebatte – ich kann mich noch gut daran erin­nern – gab es noch so etwas wie eine Debatte darüber, dass man in Zukunft Sozialbetrug ver­fol­gen würde. Nun hat Minister Böhmdorfer in einer „Pressestunde“ eine authentische Definition dieses Verfolgens von Sozialbetrug gegeben. Das schaut mehr oder minder so aus, dass man jedem, der sich im Krankenstand befindet, einen Kontrollor schickt. Die Kontrollen in anderen Bereichen sind dagegen mehr als mangelhaft. Ich denke nur daran, wie viel an Abgabenhinter­zie­hung mittlerweile gerichtsnotorisch geworden ist. Es gibt Verurteilungen vor deutschen Ge­richten wegen Nichtanmeldung von Fernfahrern, von Beschäftigten im Fernfahrergewerbe. Da wird nicht kontrolliert, meine Damen und Herren, da entgehen dem Staat und der Allge­meinheit aber Abgaben in Millionenhöhe! Offensichtlich tut das keinem von Ihnen weh. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie wollen diesen Sozialbetrug offensichtlich nicht verfolgen, Sie wollen diese großflächigen Abgabenhinterziehungen in bestimmten Branchen nicht verfolgen. Nein, die Unternehmer sollen vielleicht auch noch von den Fesseln befreit werden, dass sie ihre Angestellten und Arbeitneh­mer­Innen anzumelden haben. Das muss ich vermuten, wenn ich diesen Diskussionen länger zuhöre.

Meine Damen und Herren! Da entgehen dem Staat Abgaben in Millionenhöhe, die wir für das So­­zialversicherungs- und Pensionssystem mehr als dringend bräuchten. Dann müssten wir näm­lich nicht in die Rechte von Beziehern von Mindesteinkommen einschneiden und diese noch weiter reduzieren.

Auch gute Unternehmer leiden unter dem, was die schwarzen Scha­fe in der Branche jeweils anstellen, auch gute Unternehmer werden dadurch in einen Wettbe­werb nach unten gezwun­gen. Meine Damen und Herren! Engagieren Sie sich doch einmal für Kontrol­len in diesen Be­reichen, dann würden Sie wieder etwas an Glaubwürdigkeit in Bezug auf Wirt­schafts­politik und Abgabenpolitik insgesamt zurückgewinnen! (Präsident Dr. Khol über­nimmt wieder den Vorsitz.)

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite