Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 15. Sitzung / Seite 90

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zur erwerbsmäßigen Geltendmachung oder Durchsetzung von Rechten oder Ansprüchen benö­ti­gen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wissen ganz genau: Österreich hat eine Rechts­kultur, wir haben die ordentlichen Gerichte, die für die Durchsetzung von Rechten zuständig sind. Aber an wen wurde nun diese Abfrageberechtigung vergeben? – An Inkassobüros! Und jetzt soll mir einer erklären, ob Inkassobüros in Österreich nach der Rechtsprechung des Obers­ten Gerichtshofes, nach der Gewerbeordnung dafür zuständig sind, Ansprüche und Rechte durchzusetzen?

Wenn nun diese Inkassobüros diese Abfrageberechtigungen bekommen, wissen Sie, was dann passiert? – Sie suchen einen Schuldner. Dann haben sie seine Meldedaten, und dann steht ein Mitarbeiter des Inkassobüros mit einem Schild vor dem Haus dieses Schuldners, und auf diesem Schild steht: Herr Müller schuldet uns 100 000 €! – Genau das ist zu befürchten: dass mit diesen Meldedaten Missbrauch betrieben wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Ich sage Ihnen noch ein anderes Beispiel: Berufsdetektive sind in Österreich nicht für die Durch­setzung von Ansprüchen oder Rechten zuständig. Das widerspricht der österreichischen Rechts­­ordnung. Stellen Sie sich nur eines vor: Ein Berufsdetektiv bekommt, wie wir wissen, die­sen Zugriff auf die Meldedaten – rechtswidrigerweise! –, und dann bekommt er einen Auftrag von einem Mann. Dieser Mann sucht seine Ex-Frau. Die Ex-Frau hat ihn verlassen, weil sie von ihm geschlagen wurde – und auf einmal bekommt dieser Ex-Mann die Meldedaten, die er sonst nicht bekommen würde, eben vom Berufsdetektiv!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das sind genau die Probleme, die wir im Daten­schutzrat aufgezeigt haben, als es um die Frage des Meldegesetzes gegangen ist, die wir in der Debatte um das neue Meldegesetz aufgezeigt haben, aber unsere Argumente haben nicht ge­fruchtet. Sie haben das beschlossen, und ich halte fest: Bundesminister Strasser vollzieht die­ses Bundesgesetz rechtswidrig, weil er Abfrageberechtigungen an Personen vergibt, die die Voraussetzungen des Meldegesetzes nicht erbringen. (Beifall bei der SPÖ und den Grü­nen.)

In der Begründung der diesbezüglichen parlamentarischen Anfrage meinte Bundesminister Stras­ser noch, es wäre alles in Ordnung. Er meint, wenn jemand die Abfrageberechtigung hat, dann müsse zumindest Vor- und Familienname – und jetzt kommt es! –, das Geburtsdatum und ein zusätzliches Merkmal, ein zusätzlicher Bestandteil der Meldedaten angegeben und schließ­lich das Geburtsdatum bestimmt werden.

Meine Damen und Herren! Was Bundesminister Strasser da mitgeteilt hat, ist unwahr! Ich halte das hier fest. Die Anfragebeantwortung stammt vom 17. März. Bereits vorher war bekannt, dass ös­terreichische Unternehmen damit geworben haben, ohne Bekanntgabe des Geburtsdatums ins Zentrale Melderegister zu kommen. Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits mehrere Verfahren in der Datenschutzkommission – und auch im Bundesministerium für Inneres. Glauben Sie, wir lassen uns verarschen, meine sehr verehrten Damen und Herren?! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – He-Rufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Da hat Bundesminister Strasser die Unwahrheit gesagt, wider besseres Wissen, und er hat die rechtswidrige Vergabe damit gerechtfertigt. (Rufe bei der ÖVP: Sprache!) Die Verantwortung da­für – ich sage es noch einmal – trägt allein Bundesminister Strasser! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sage es Ihnen noch einmal: Ich bin als Abge­ord­neter gewohnt, dass ich nicht angelogen werde. Wenn ich eine Frage stelle, dann möchte ich eine korrekte Antwort haben. Diese Antwort ist unkorrekt, und ich betone noch einmal: Nicht Sie, Frau Bundesministerin Rauch-Kallat, sind damit gemeint, sondern hier müsste Bundes­minister Strasser sitzen, um sich zu rechtfertigen!

Wir haben noch weitere Bedenken. Derzeit ist eine Verordnung in Begutachtung, nämlich das Zentrale Vereinsregister. Frau Bundesministerin, vielleicht können Sie Herrn Bundesminister Strasser Folgendes übermitteln: Wir hoffen nicht, dass es auch hier eine derartige Verordnung


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