Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 18. Sitzung / Seite 39

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gesagt hat: Wenn wir in der Regierung wären, wir Sozialisten, wir könnten nichts ande­res vorschlagen als das, was die Mitte-Rechts-Regierung in Frankreich derzeit vor­schlägt.

Das ist ein ehrliches Wort! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Brou­kal: Wir können aber etwas anderes vorschlagen!) Das ist Mut zum aufrechten Gang, und das gehört respektiert! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Oder: Wenn Sie schon mir nicht glauben oder wenn Sie glauben, ich würde das durch eine getönte Brille sehen, zitiere ich Helmut Schmidt, den ehemaligen Bun­deskanzler Deutschlands und SPD-Chef: „Weil Deutschland sich ändern muss“ – eine gnadenlose Abrechnung mit denen, die nicht bereit sind, die Zeichen der Zeit zu er­kennen.

Als weiteres Beispiel darf ich jemanden erwähnen, der noch aktiv in der Politik ist, und zwar Göran Persson, sozialdemokratischer Regierungschef Schwedens. Er hat genau diese Reformen längst gemacht, er hat früher, ja in schwierigeren Zeiten damit begon­nen. Er sagt: Verfallen Sie – das gilt für Deutschland, es kann aber auch auf uns bezo­gen werden – doch jetzt nicht in Depressionen! Versuchen Sie doch nicht, den Men­schen den Mut zu nehmen! Alle Probleme sind lösbar. – Er sagt weiters: Sparen ist links, weil es den Sozialstaat erhält.

Ich sage: Sparen ist weder links noch rechts, sondern richtiges, vernünftiges, sozial verantwortliches Sparen ist notwendig, weil es uns die Spielräume für die Zukunft, für Investitionen, für Bildung, für unser Humankapital erhält. Genau das ist die eigentliche Herausforderung! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Oder nehmen wir die beeindruckende – zumindest für mich beeindruckende – Diskussion am SPD-Parteitag letzten Sonntag her. Es war eine ehr­liche, absolut schonungslose, aber im Stil, in der Atmosphäre gut geführte Diskussion, die auf höchstem Niveau abgewickelt wurde. Gerhard Schröder hat sich dort einge­setzt, weil er jetzt das umsetzt, was wir übrigens in Österreich auf dem Arbeitsmarkt in der Flexibilisierung, in der Vermittlung der Arbeitssuchenden längst geschafft haben. Ich betone: längst geschafft haben! Die Deutschen sind jetzt auf dem Weg dorthin, was Österreich mit seiner halb so hohen Arbeitslosenrate den Deutschen bereits vorexer­ziert hat.

Aber die Diskussion um die Rentengerechtigkeit, um die Pensionsreform wird in Deutschland genauso geführt wie in Österreich oder wie in der Schweiz, wo der Schweizer Sozialminister jetzt die Anhebung des Rentenantrittsalters auf 67 Jahre vor­geschlagen hat, ge­nauso wie dies in Deutschland und in anderen europäischen Län­dern derzeit ange­dacht wird.

Eine Rede, die mich persönlich sehr berührt hat, war die Rede von Erhard Eppler, der in der Politik nicht mehr aktiv ist. Es war meiner Meinung nach eine der wich­tigsten Reden auf diesem Parteitag. Er hat gesagt, er war eigentlich mit der „Agenda“ zu­nächst überhaupt nicht einverstanden, und erst dann, als er begriffen hat, dass es kei­ne Alternativvorschläge dazu gegeben hat, ist er plötzlich nachdenklich geworden. Er sagte dann: Die Alternativvorschläge, die gemacht worden sind, waren Ende der sieb­ziger Jahre bereits überholt.

Was ihn gestört hat, war die geradezu unkritische Diskussion in einer seltsam leeren, geradezu leergeräumten Welt – in einer Welt, wo es keine EU-Kommission, keine Maastricht-Kriterien, kein global agierendes Kapital gibt, das gegenüber den National­staaten den Daumen hinauf oder hinunter setzen kann, wo Standorte jederzeit verla­gert werden können und wo eine Regierung sozusagen so tun kann, als würde sie in einem luftleeren Raum agieren.

 


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