Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 473/J.
Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.
Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:
Im Zusammenhang mit der beabsichtigten
Harmonisierung der Pensionssysteme haben Mitglieder der Bundesregierung sowie
führende Funktionäre der Regierungsparteien immer wieder davon gesprochen,
dass die im Bereich der Sozialversicherungspensionen geplanten
Harmonisierungsschritte auch bei den Politikerpensionen, also den Ruhe- und
Versorgungsbezügen nach dem Bezügegesetz, umgesetzt würden.
Gebrochene
Versprechen
So haben Sie, Herr Bundeskanzler, am
8. April 2003 erklärt, dass „die Politiker bei den Pensionen genau die
gleichen Reformen zu tragen haben, die wir für eine umfassende
Pensionssicherung beschließen werden“ (APA 0181).
Am 8. Mai 2003 erklärten Sie gemeinsam
mit dem Vizekanzler: „Auch bei den Politikerpensionen werden dieselben
Maßnahmen gesetzt wie bei allen anderen“ (APA 0162).
Am 15. Mai 2003 erklärten Sie in Ihrer
Rede zur Lage der Nation, dass es „keinerlei Ausnahmen bei Politikerpensionen“
geben werde (OTS 0242):
Und auch gestern, am 3. Juni 2003,
erklärten Sie noch: „Wir machen eins zu eins die Harmonisierung bei den
Politikerpensionen und zusätzlich noch ein spürbares Solidaropfer“
(ZIB 2).
Auch die MinisterInnen Bartenstein,
Rauch-Kallat und Grasser „sprachen sich für eine Angleichung der
Politikerpensionen an die ASVG-Bestimmungen aus“ (APA 0189, 8. April
2003).
ÖVP-Generalsekretär Lopatka erklärte noch am
10. Mai 2003, dass „der Abbau von Politikerprivilegien im Pensionssystem
bereits auf parlamentarischer wie auch auf Regierungsebene festgelegt worden
sei und damit außer Streit stehe (...) Alle derzeitigen Schritte im
ASVG-Bereich sind selbstverständlich auch für die Versicherten in anderen
Systemen deckungsgleich vorgesehen“ (OTS 031).
Diese Erklärung erfolgte zu einem Zeitpunkt,
zu dem der als „Trägerrakete“ bekannt gewordene Initiativantrag
Molterer/Scheibner bereits im Parlament eingebracht worden war.
Der Initiativantrag der Regierungsparteien
enthielt allerdings nicht die „deckungsgleiche“ Umsetzung der strukturellen
Maßnahmen aus den Sozialversicherungspensionen (Abschaffung der Frühpension,
Senkung des Steigerungsbetrags, Erweiterung des Durchrechnungszeitraums usw.),
sondern im Gegenteil die Einführung einer Frühpension für PolitikerInnen und
die Beibehaltung des Pensionsantrittsalters 56,5 Jahre für
Regierungsmitglieder!
Obwohl mittlerweile die „Trägerrakete“ die
Frühpensionsstufe abgeworfen hat und seit der gestrigen Einigung zwischen den
Regierungsparteien eine Erhöhung des besonderen Pensionssicherungsbeitrages
vereinbart scheint, fehlen noch immer die strukturellen Maßnahmen zur
Harmonisierung, die von Ihnen und anderen Regierungsmitgliedern
beziehungsweise führenden VertreterInnen der Koalitionsparteien versprochen
wurden.