Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 18. Sitzung / Seite 124

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Herr Bundeskanzler! Normalerweise beantwortet man die Fragen dieses Hauses! (Zwischenrufe der Abgeordneten Ellmauer und Großruck.) Normalerweise beantwor­tet man jede einzelne Frage nach bestem Wissen und Gewissen, und normalerweise ist es für ein Regierungsmitglied – und dies gilt erst recht für einen Bundeskanzler – nicht zulässig, zu sagen: Ich habe das ohnehin schon irgendwo gesagt. (Abg. Lentsch: Wer sagt das? – Abg. Ellmauer: Herr Pilz, in welchem System sind Sie?)

Herr Bundeskanzler! Uns als Abgeordnete dieses Hauses interessiert nicht, ob Sie irgendwas schon irgendwo gesagt haben, uns interessiert nur, ob Sie hier und jetzt in der Lage sind, unsere Fragen im Rahmen der Beantwortung der Dringlichen Anfrage zu beantworten – und das haben Sie nicht getan! (Beifall bei den Grünen und bei Ab­ge­ordneten der SPÖ. – Abg. Ellmauer: Herr Pilz, in welchem System sind Sie?)

Zum Zweiten: Es gibt zwei Techniken, mit unangenehmen Dringlichen Anfragen umzu­gehen. Die eine ist, alles zu zerreden und ewig zu reden, und die andere ist, durchzu­huschen, sich schnell niederzusetzen und zu hoffen, dass es damit sein Bewenden hat.

Herr Bundeskanzler! Deswegen werden wir jetzt einige Punkte noch einmal miteinan­der durchgehen. (Ruf bei der ÖVP: Oberlehrer!) Und wir beginnen, wie es sich bei die­ser Bundesregierung gehört, beim Versprechen. Wie hat das Versprechen gelautet? (Abg. Murauer: ... Oberstudienrat!) – Sehr geehrte Österreicherinnen und Österrei­cher! Weil wir euch tief in die Tasche greifen (Abg. Großruck: Wer sagt das?), ver­sprechen wir euch eines: Wir werden erstens uns Politikern zumindest genauso tief in die Tasche greifen und zweitens dafür sorgen, dass es kein System Österreicherinnen und Österreicher auf der einen Seite und Politikerinnen und Politiker auf der anderen Seite weiterhin gibt. (Abg. Großruck: Fragen Sie Herrn Van der Bellen, was ein Uni­versitätsprofessor für eine Pension kriegt! 100 Prozent des Letztbezuges!)

Das Versprechen hat gelautet: Ein System für alle! Und: Vergleichbare Opfer! Eine faire Verteilung der Opfer für alle. – An diesen Versprechen müssen wir Sie jetzt mes­sen, weil selbstverständlich gilt: Auch Sie, Herr Bundeskanzler, haben nicht das Recht, Menschen in dieser Republik, die darauf vertraut haben, nach einem langen Arbeitsle­ben die versprochene Pension zu bekommen, in die Tasche zu greifen, die eigenen Taschen aber zuzunähen und zu sagen: Ja leider, da komme ich nicht rein; die ande­ren Taschen sind offen, unsere, nämlich die Minister-Taschen, die Kanzler-Taschen, die Abgeordneten-Taschen sind leider so fest zugenäht, dass der Griff in diese Ta­schen nicht gelingt! (Abg. Großruck: In welches System haben Sie optiert? – Abg. Dr. Van der Bellen – in Richtung des Abg. Großruck –: Er hat gar nicht optieren kön­nen!)

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie gemeinsam mit dem im Taschenauftrennen offensicht­lich ähnlich hilflosen Kärntner Landeshauptmann und seinem Stellvertreter in der Bun­desregierung an Ihren eigenen Taschen gescheitert sind, dann lassen Sie uns trotz­dem wiederholen: Sie stehen zu einem System, in dem nicht 40 Jahre durchgerechnet werden, in dem nicht 30, nicht 20, nicht einmal 10 Jahre durchgerechnet werden, son­dern in dessen Rahmen, wie Sie meinen, neun Jahre für Ihresgleichen reicht. Nach neun Jahren bekommt man die volle Pension. (Zwischenruf des Abg. Ellmauer.)

Herr Bundeskanzler! Sie sind nach wie vor der Meinung, dass andere an die Armuts­grenze heruntergekürzt werden können, während Sie nur dazu bereit sind, ein Soli­daropfer in einer geringfügigen Höhe zu bringen, von dem wir nur eines wissen, näm­lich dass das niemandem von Ihnen wehtun wird. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ell­mauer: In welchem System sind Sie, Herr Pilz?)

Herr Bundeskanzler! Sie haben der Öffentlichkeit versprochen, in einem großen politi­schen Selbstbedienungsladen endlich aufzuräumen. Jetzt kommen Sie gemeinsam mit


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