Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 95

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15.02

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich mit einer Frage beginnen muss, aber ich stelle diese Frage in den Raum:

Wie sollen wir in Zukunft die Unwahrheit bezeichnen, wenn nicht als Unwahrheit? Wie sollen wir in Zukunft etwa ein illegales Baukartell bezeichnen, wenn nicht als illegales Baukartell? (Abg. Neudeck: Eine grüne G’schicht!) Wie sollen wir in Zukunft den Amtsmissbrauch bezeichnen, wenn nicht als Amtsmissbrauch? Und, Herr Präsident: Wie sollen wir in Zukunft eine Schiebung bezeichnen, wenn nicht als Schiebung? (Bei­fall bei den Grünen.)

Ich verstehe natürlich, dass – nicht nur beim Bundesminister für Finanzen – ein gewis­ses Interesse besteht, dass es ganz bestimmte Wörter – zumindest hier im Haus und in der Öffentlichkeit – nicht mehr gibt.

Herr Präsident! Ich würde an die Sache etwas anders herangehen. (Abg. Freund: Das glaubt’s nur ihr, dass ...!) Ich würde sagen, es wäre doch viel sinnvoller und würde uns das Leben viel einfacher machen, wenn es – wie soll ich jetzt sagen? – Schiebungen oder schiebungsartige Zustände in dieser Republik gar nicht gäbe.

Aber wie verhindern wir es, dass es zu schiebungsartigen Zuständen kommt? Wie ver­hindern wir es, dass Minister – nicht nur Finanzminister – in der Öffentlichkeit immer stärker in den Verdacht geraten, ihr Amt missbraucht zu haben? Und wie schaffen wir und sorgen wir für parlamentarische Aufklärung?

Meine Damen und Herren! Ich kann eine lange Geschichte erzählen, wie man versucht hat – und das waren nicht nur die Generaldirektoren einer Wiener Baufirma –, Abge­ordneten, die noch nicht einmal illegale Zustände angeprangert haben, das Wort zu verbieten und die Verwendung des Begriffes zu verbieten. Herr Präsident! Deswegen würde ich gerade im Plenum des Nationalrates mit solchen Akten der Beschneidung von Redemöglichkeiten sehr, sehr vorsichtig umgehen und das freie Wort letzten En­des doch über den Schutz von Mitgliedern dieser Bundesregierung und deren Interes­sen stellen. (Beifall bei den Grünen.) – Das ist das Erste.

Das Zweite – da tue ich mir leichter, da begebe ich mich überhaupt nicht in Ordnungs­rufgefahr – sind drei kleine Rätsel. – Ich frage: Wer war das?

Wer hat am 6. Februar 2002 erklärt, Abfangjäger seien aus finanzieller Sicht nicht leistbar?

Wer war das? (Abg. Nürnberger: Das ist aber schwer! – Ruf bei der ÖVP: Gusenbau­er! – Abg. Öllinger: Der Finanzminister!) – Brav, Abgeordneter Öllinger hat das richtig beantwortet.

Und wer war das? Zitat vom 2. März: Das ist ein heikler Punkt, denn in der Bundesregierung stehe ich mit meiner Ablehnung der Abfangjäger allein. Das passt nicht in das Gesamtbild der Budgetkonsolidierung. – Zitatende.

Wer war das? (Rufe bei den Grünen: Der Finanzminister!) – Richtig, der Finanzminis­ter!

6. April – jetzt begebe ich mich wieder ein bisschen mehr in die Ordnungsrufgegend, aber es ist ein Zitat, und ich wiederhole es nur –:

Zuerst müssen die Damen und Herren die Hosen herunterlassen, dann wird man eine Entscheidung treffen können. – Zitatende.

Wer hat das gesagt? (Abg. Nürnberger: Noch schwerer! – Ruf bei der ÖVP: Der Öllin­ger!) – Der Finanzminister! (Abg. Lentsch: Das glaub ich nicht!)

 


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