Das, was noch auffällt, ist das Selbstbewusstsein der Allmacht und Allwissenheit. Es werden Tatsachen, die jeder von uns ebenfalls weiß – stellen Sie sich vor, sogar die Grünen wissen das! –, genannt: Die Leute werden immer älter, die Ausbildungszeiten werden länger und dadurch die Arbeitszeiten etwas kürzer. – Das ist klar. Aber erklären Sie von der Bundesregierung mir bitte, wie Sie Bildung und Forschung als Schwerpunkt verkaufen wollen, wenn die Ausbildungszeiten nicht länger würden! Wie passt das zusammen? So klug sind Sie wohl schon, dass Sie nicht sagen, das Leben solle sich verkürzen, aber die Lebensarbeitszeit möge sich ausweiten.
Stummvoll hat das aber in eine ganz schöne Formel gebracht, die, wenn ich mich recht erinnere, lautet: 2 – 6 – 12. (Abg. Dr. Spindelegger: Drei!) – Oder: 3 – 6 – 12. Er hat sich selbst die tolle Frage gestellt: Was heißt denn „sechs“? Und er hat geantwortet: „Sechs“ heißt sechs Jahre weniger arbeiten. – Das ist eine wirklich interessante Bedeutungswandlung von sechs. Aber bitte verwechseln Sie den Tiroler Dialekt nicht mit Anzüglichkeiten! (Abg. Dr. Mitterlehner: Sechs mit „ch“!) – Khol hätte mich verstanden. Sechs mit „ch“, wenn Ihnen das lieber ist, bitte.
Aber ich komme jetzt zu dem Punkt, dass auch Sie Experten bezahlen, Experten als Kronzeugen rekrutieren, die nunmehr von Professorenseite – da kann ich das „-innen“ weglassen – teure Annoncen in allen Zeitungen schalten. Um welches und wessen Geld?, frage ich mich.
Wenn ich mir diese Professoren aber anschaue, so würde ich schon sagen: Das sind keine berühmten Kronzeugen, denn darunter sind wenigstens zwei Spitzenverdiener der Medizinischen Fakultät in Innsbruck – noch Fakultät –, die zumindest das Fünffache an Privathonoraren monatlich von dem einstecken, was ihr Ordinariengehalt von vornherein schon beträgt. Diese haben natürlich keine Sorgen mit der zweiten und dritten Säule. Die haben ihr Geld, durch Privatordinationen im Krankenhausbereich getätigt, schon bei weitem herinnen.
Aber Sie schicken die wie Wanderprediger herum. Einige dieser Experten erzählen immer dasselbe wie Rürup und Marin, Letzterer allerdings jede Woche etwas anderes. Das unterscheidet sie, und das hält eine gewisse Restspannung aufrecht. Wenn man jedoch von Wanderpredigern spricht, dann möchte ich auch nicht auf die Predigten im Stephansdom verzichten wollen.
Ich erlaube mir folgende Bemerkung – sie ist nicht unschicklich –: Wenn man die Pensionsreform als gelebtes Christentum schon in den Rang einer Enzyklika heben will und dazu den Stephansdom missbraucht, so empfinde ich das bei ungefähr 15 Prozent Kirchgängern zwar als ein echtes Bekennertum, aber doch vielleicht auch als einen Missbrauch eines Kardinals und einer Religion.
Mir fällt die Symbolik auf: Khol hat mit einer rot-weiß-roten Krawatte als Symbol des gelebten Schulterschlusses und des Patriotismus begonnen. Ich habe nur noch darauf gewartet, bis er in das Kostüm des Wappenadlers schlüpft. Jetzt gibt es aber noch Steigerungen bei der ÖVP: Schüssel reckt seine Hand nach dem Kardinalspurpur. Und das, finde ich, ist kein überzeugendes Argument in der Pensionsreform – zumindest dort nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Da hätte ich lieber die Caritas erwähnt, aber das ist Ihnen wahrscheinlich unangenehm, weil die nicht das sagt, was Sie sagen.
Was den Missbrauch des Wortes „Kommunikation“ betrifft, musste ich mir heute anhören, dass alles schon mit uns, mit den Grünen, mit den Roten besprochen worden sei. Ich glaube schon, dass Sie das mit uns besprochen haben – wir waren auch nicht einverstanden –, aber tun Sie, wenn Sie mit Leuten etwas besprechen, nicht so, als ob diese zugesagt und ja gesagt hätten. Ich meine, das, was Sie vorhaben, hat schon irgendwie den Charakter einer strengen Kammer für die österreichische Bevölkerung.