Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 190

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rungsfraktionen haben in dieser heutigen Debatte ein sehr eigenartiges Bild geboten. Es wurde ständig versucht, die massiven sozialen Einschnitte, die diese Pensionsre­form bringen wird – das steht ja außer Streit –, als etwas Positives zu verkaufen, es wurde ständig versucht, diese Maßnahmen positiv darzustellen. Ich sage Ihnen von dieser Stelle aus: Das wird Ihnen nicht gelingen. Die Menschen nehmen Ihnen das nicht mehr ab, meine sehr geehrten Damen und Herren, und das ist gut so! (Beifall bei der SPÖ.) Das ist gut so. Die Menschen spüren es, und die Menschen merken es.

Für mich ein bisschen befremdend, ja fast traurig war bei dieser Diskussion die Art, in der hier über Schicksale von Menschen gesprochen wird. Kollege Stummvoll – er ist jetzt nicht im Saal – etwa hat von notwendigen schmerzhaften Einschnitten gespro­chen. Das ist zwar schön gesagt, locker vom Hocker gesagt, aber klar ist, Herr Stumm­voll braucht sich um seine Zukunft keine Sorgen zu machen, wie man hört, wie man sieht und wie man liest. (Abg. Wattaul: Frag einmal den Herrn Edlinger, weshalb er Schulden gemacht hat, was er sich dabei gedacht hat, oder den Herrn Vranitzky!)

Aber viele Tausende künftige Pensionistinnen und Pensionisten, meine sehr geschätz­ten Damen und Herren, sind von Ihren Maßnahmen betroffen und werden wirklich an den Rand ihrer Existenz gedrängt; und dafür müssen all jene, die dem vorliegenden Gesetzentwurf morgen zustimmen werden, die Verantwortung übernehmen. (Abg. Wit­tauer: Das ist typische Angstmacherei!) Sie werden die Verantwortung übernehmen müssen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wittauer.)

Ich mache Ihnen noch einen Vorwurf – warten Sie ein bisschen! –, nämlich den Vor­wurf, dass Sie keine Ahnung davon haben, wie Pensionistinnen und Pensionisten mit kleinen Pensionen monatlich über die Runden kommen müssen. Ich nenne ein Bei­spiel:

Am 1. Mai hat mir ein pensionierter Bauarbeiter seine Geschichte erzählt. 44 Jahre (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wittauer) – hör einmal zu! –, 44 Jahre lang hat er am Bau gearbeitet, bei Hitze, Regen und Sturm, teilweise war er freigesetzt, arbeitslos im Winter, wenn keine Arbeit möglich war. Mit 59 Jahren war er ausgebrannt, konnte nicht mehr, war krank und hat Gott sei Dank eine Invaliditätspension bekommen – 800 € netto Invaliditätspension; das sind 11 000 S, um ein bisschen nachzuhelfen. Nach 44 Jahren harter Arbeit 800 € Invaliditätspension! (Abg. Wittauer: Dafür gibt es den Härtefonds! 1 000 € Mindestpension! Bleib bei der Wahrheit!) – Das Thema ist sehr ernst, hör einmal zu!

Er hat mir auch eine Abrechnung gezeigt. Für die Wohnung muss er 406 € monatlich bezahlen, für den Energieverbrauch 102 €, und, weil er natürlich auch krank ist, als Dauerpatient muss er 43 € bezahlen. Das heißt, es bleiben ihm 250 € im Monat für Essen, Trinken und Bekleidung. Das, meine Damen und Herren, sind 8 € pro Tag!

Dieser Bauarbeiter ist, wie wir heute schon gehört haben, kein Einzelfall. Die durch­schnittliche Pension für Arbeiter beträgt 900 €, das wissen sogar Sie. Würde dieser Mann nicht schon vor drei Jahren in Pension gegangen sein, so würden ihm nächstes Jahr noch einmal 10 bis 12 Prozent abgezogen. (Abg. Wittauer: Wir haben eine 10-prozentige Deckelung!) Das ist nicht nur unsozial und unfair, sondern das ist beschä­mend, sage ich Ihnen. Das ist beschämend! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage Ihnen abschließend Folgendes: Sie haben mit dieser „Pensionssicherungsre­form“, wie Sie sie nennen, die Schwächsten der Gesellschaft im Visier; das wissen Sie ganz genau. Sie schaffen damit viel Unrecht, Sie schaffen viel Leid, und ich sage Ih­nen, Sie werden dafür noch die Rechnung präsentiert bekommen! (Beifall bei der SPÖ.)

21.04

 


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