Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, Sie hätten bei dieser Pensionsreform viele Chancen gehabt, aber Sie haben fast alle verspielt. Das Einzige, was Sie erreicht haben, ist: Sie haben jegliches Vertrauen, das die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land in die Politik noch gehabt haben, aufs Spiel gesetzt – und verspielt. Das haben Sie erreicht! Den Kredit, den kleinen Kredit, den Politik in diesem Land noch hat, haben Sie auf Grund der Art und Weise, wie Sie die Bevölkerung zunächst einmal geschockt haben mit Pensionskürzungen – und das haben Sie ja geplant: Pensionskürzungen von 30 und 40 Prozent, auch in den Übergangszeiten; seien Sie doch wenigstens jetzt so ehrlich und geben Sie das zu! –, verloren. Mit diesen Pensionskürzungen haben Sie das Land geschockt; und dass Sie dazu fähig sind, hätte Ihnen niemand in diesem Land zugetraut, und es hat auch genügend Reaktionen darauf gegeben.
Das, was Sie als Zweites erreicht haben, war: Sie haben die Millionen für die Steuerreform sichergestellt. Eines ist interessant: Ist Ihnen vielleicht schon aufgefallen, meine sehr geehrten Damen und Herren hier im Plenum, dass in den letzten Erläuterungen zu dem Antrag, den wir vorliegen haben, keine Zahlen mehr vorkommen, dass da nicht mehr drinsteht, was der Ausgangspunkt für die Pensionsreform war? – Dass nämlich die Bundesregierung und Sie, Herr Bundeskanzler, behauptet haben – natürlich auch der Finanzminister –, bis zum Jahr 2007, aber jedenfalls im Jahr 2007 müsse eine Milliarde € von den zusätzlichen Kosten beim Bundeszuschuss eingespart werden. Dann haben Sie das Jahr 2007 „entsorgt“, und es waren nur mehr die Zahlen für 2006 enthalten. Natürlich haben Sie – ich gestehe Ihnen das zu: gutes Marketing – in der Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, als hätten Sie vom Ministerialentwurf über die Regierungsvorlage bis hin zu den Verhandlungen mit den Sozialpartnern und dann mit den Kämpfern der FPÖ nachgegeben, als wäre der Einsparungseffekt wirklich geringer geworden.
Ich frage Sie noch einmal: Warum finden
sich keine Zahlen in den Erläuterungen? Warum haben Sie auf diese Zahlen
vergessen? – Ich gebe Ihnen gleich auch die Antwort darauf: Sie haben aus
gutem Grund vergessen, diese Zahlen hineinzuschreiben. Ursprünglich waren als
Einsparungen in der gesetzlichen Pensionsversicherung für das
Jahr 2004 110 Millionen €, für
2005 372 Millionen € und für 2006 665 Millionen €
vorgesehen. Mit den Maßnahmen, die die „großartigen Kämpfer“ der
Freiheitlichen Partei, diese „Rebellen“ erarbeitet und durchgesetzt haben,
spielen Sie dem Finanzminister mehr, als im ursprünglichen Entwurf enthalten
war, bis 2006 in die Kasse. Sie haben zusätzliche Verschlechterungen
erreicht. (Abg. Neudeck: Wo sind Ihre Zahlen?)
Natürlich, Herr Klubobmann Molterer, Sie wissen es ja: Durch den Verzicht auf die Wertanpassung beziehungsweise die geminderte Wertanpassung in den Jahren 2004 und 2005 kommen Hunderte Millionen Schilling zusätzlich in die Kasse des Finanzministers, um die Steuerreform zu finanzieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Ich nenne Ihnen die Zahlen: 2004: ursprünglich geplant: Einsparung 110 Millionen €, jetzt: 196 Millionen €. 2005: ursprünglich, am Ausgangspunkt, als Ihr Konzept am brutalsten war: 372 Millionen €, jetzt: 496 Millionen €. Man kann sich dann schon ein paar kleine Geschenke an die freiheitlichen Abgeordneten, zum Beispiel die Aufstockung des Härtefonds von 10 Millionen € auf 20 Millionen € leisten, wenn die Kolleginnen und Kollegen von der Freiheitlichen Partei so brav waren und selbst noch dafür gesorgt haben, dass zusätzliche Hunderte Millionen fürs Budget reinkommen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Herr Bundeskanzler, Sie hätten die Chance gehabt, mit dieser Pensionsreform ein Zeichen zu setzen, mit gutem Beispiel voranzugehen, etwa durch die Abschaffung von Privilegien im alten Politikerpensionssystem, in die Debatte so einzusteigen, dass man sagt: Wir wissen genauso wie fast jeder Österreicher, jede Österreicherin, dass Refor-