Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 284

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sechs Bundesgesetze, die neu geschaffen werden, das Bundesgesetz, mit dem vorü­bergehend Maßnahmen im Bereich des Strafaufschubs getroffen werden.

Das klingt eigentlich alles ziemlich vernünftig (Abg. Scheibner: Ist es auch!): Maßnah­men im Bereich des Strafaufschubs. Es ist auch so, dass ich nicht verhehle, dass es eine Tatsache ist, dass es auf diesem Gebiet bei der sehr rigiden Möglichkeit des Strafaufschubs auch so etwas wie politischen Handlungsbedarf gibt. Dass dieser politi­sche Handlungsbedarf allerdings jetzt, in dieser Minute oder in dieser Phase gesehen wird, in der es ausschließlich darum geht, gesetzliche Maßnahmen mit budgetären Auswirkungen zu erlassen, um nämlich dem Budget mehr Geld zuzuführen, das deutet wieder darauf hin, in welcher Art und Weise dieses durchaus legitime Anliegen – ich würde nicht sagen, missbraucht, sondern – fehlverwendet wird.

Was wird denn mit diesem Bundesgesetz passieren? – Es wird – das ist der fatale Irr­tum, dem der Herr Bundesminister bei diesem Bundesgesetz sozusagen erliegt – mit diesem Gesetz möglich sein, Strafaufschub für Verurteilungen bis zu 18 Monaten bis zum Jahr 2005 hinauszuschieben. Also jemand, der jetzt eine kurze Strafe im Gefäng­nis zu verbüßen hätte, wird durch die neuen gesetzlichen Bestimmungen die Möglich­keit erhalten – es ist kein Recht, sondern eine Möglichkeit –, diese Strafe bis zum Jah­re 2005 hinausschieben zu lassen. (Abg. Scheibner: Ist das schlecht?) Nein, das ist nicht schlecht, Herr Klubobmann Scheibner, sondern der Hintergrund, das, was sich dahinter verbirgt, ist das Negative.

Welchen Hintergrund hat das Ganze? – Österreichs Gefängnisse sind überfüllt. Wir hatten in den letzten Jahren eine durchschnittliche Belagszahl in den österreichischen Justizanstalten von rund 7 000 Häftlingen. Jetzt haben wir eine Belagszahl, die im Schnitt über 8 000 Häftlinge und mehr ist (Abg. Scheibner: Dafür steigt die Sicher­heit!), das heißt, 1 000 Strafhäftlinge mehr, als dem langjährigen Schnitt entspricht. (Abg. Scheibner: Dafür steigt die Sicherheit in Österreich!)

Um Österreichs Gefängnisse kurzfristig zu leeren, weil es wirklich keinen Platz gibt und weil das eine extreme Situation ist, der jetzt vor allem die Strafvollzugsbeamtinnen und -beamten ausgesetzt sind, ganz zu schweigen von den Strafhäftlingen, macht der Bundesminister dieses Gesetz und sagt: So, jetzt verschieben wir das in einer Feuer­wehraktion auf 2005! Und im Jahr 2005 erwürgt euch – um es auf Österreichisch zu sagen –, denn dann läuft dieses Gesetz aus. (Abg. Scheibner: Bis dorthin gibt es ein neues Gefängnis!)

Diese Verschiebung wirkt sich im Jahr 2005 aus (Abg. Dr. Partik-Pablé: Dann gibt es weniger Kriminalität, Frau Abgeordnete!), und das ist es, was ich auch gestern schon angeprangert habe: dieser kurze Horizont, den diese Bundesregierung mit solchen Maßnahmen immer zeigt. Da geht es nur darum, Maßnahmen zu treffen, die jetzt und hier irgendeine Auswirkung haben: Entweder kommt direkt Geld ins Budget, oder wir verschieben es auf zwei Jahre, oder wir kaufen jetzt Kampfjets, die nächste Regie­rungs- und Politikergeneration soll die Verantwortung tragen. – Genau das passiert jetzt.

Meine Damen und Herren! Dabei gäbe es genug Möglichkeiten – und deshalb wollte ich Herrn Minister Böhmdorfer ansprechen –, die gerade er mit seinen Kompetenzen und mit seinen Möglichkeiten hätte, um den Effekt, den er sich von diesem Bundesge­setz kurzfristig erwartet, ganz ohne jedes Bundesgesetz zu erzielen, indem er nämlich das tut, was er kann, nämlich sein Weisungsrecht als Bundesminister in Bezug auf die Staatsanwaltschaften auszuüben und zu sagen: Ja, liebe Staatsanwälte – um es jetzt ein bisschen blumig zu sagen –, verhängt doch weniger U-Haft! Macht weniger Ein­sprüche bei bedingten Entlassungen! – Das hätte den identischen Effekt. Genau das passiert aber nicht, sondern mit dieser Feuerwehraktion wird das Problem in das


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