Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 20. Sitzung / Seite 335

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16.03

Abgeordnete Gabriele Binder (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Meine Damen und Herren! Kollege Praßl, es geht nicht um persönli­ches Fehlverhalten, sondern es geht schlicht und einfach um Ihr Stimmverhalten hier im Hohen Haus und um maßgebliche Entscheidungen, die Sie dadurch treffen und die dadurch sozusagen zu Beschluss kommen.

Meine Damen und Herren! Es war wahrlich heute das Hoppala des Tages, wie es einer meiner Kollegen formuliert hat, nämlich mit welcher Ehrlichkeit und Offenheit Kollegin Bleckmann gesagt hat, dass die Abfangjäger-Debatte während des Wahlkampfes ge­stoppt wurde, denn es stand schließlich und endlich die Wahl bevor, und dass es jetzt zu anderen Entscheidungen kommt. Das heißt, die Wählerinnen und Wähler wurden im wahrsten Sinne des Wortes getäuscht. – So viel dazu. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Sieglinde Rosenberger meinte einmal: Wenn Menschen gehört werden müssen und wollen, brauchen sie Räume und Stimme! Deshalb bin ich sehr froh gewesen, dass wir wieder eine Frau als Frauenministerin in der Regierung haben. (Demonstrativer Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.) Das Motto dieser Frauen­ministerin ist: Mehr Lust statt Frust! Aber die vorliegenden Budgetbegleitgesetze lassen jegliches Lustgefühl erlöschen. Im Gegenteil: Verunsicherung und Verärgerung ma­chen sich breit und vor allen Dingen Zukunftsängste überkommen die Menschen in unserem Land, und große Teile der Bevölkerung sind fast fassungslos.

Es ist an der Zeit, so meine ich, die Stimme vor allem für die Frauen zu erheben, und ich denke, es wäre die Aufgabe der Frauenministerin, diese Stimme zu erheben, denn gerade die Frauen sind maßgeblich und einschneidend von diesen Veränderungen betroffen, und zwar durch Kürzungen und durch Streichungen; und die Frauen werden von dieser Regierung zu Verliererinnen gemacht, sie werden zu Verliererinnen durch Ihre heutige Entscheidung. (Beifall bei der SPÖ.)

Frauen werden benachteiligt und zu Bittstellerinnen degradiert. Doch was sagt die Frauenministerin dazu? – Sie sagt nichts, sie schweigt, oder sie redet die Maßnahmen schön. Von dieser Frauenministerin als dem Sprachrohr der österreichischen Frauen erwarte ich mir einen massiven Aufschrei, einen engagierten Einsatz, ja Kampfeslust, so wie sie es selbst eingefordert hat, aber die Frauenministerin schweigt.

Die so genannte Pensionsreform ist, meine Damen und Herren, eine „mittelbare Dis­kriminierung“, wie Bernd Marin es sagt, oder „modernes Raubrittertum“, wie Kollegin Gubitzer von der GÖD es formuliert. (Beifall bei der SPÖ.)

Fakten und Daten liegen auf dem Tisch: von den Auswirkungen der Lebensdurchrech­nung bis zur Abschaffung der vorzeitigen Alterspension für Frauen. Die Auswirkungen für die Frauen sind fatal, doch die Frauenministerin schweigt oder gibt Interviews, die meiner Meinung nach sehr zynisch und auch Frauen verachtend sind.

Ich zitiere die Frauenministerin aus einem Interview mit der „Wienerin“ vom Juni 2003:

„Frauen sollen nicht immer andere verantwortlich machen, wenn es etwas schief geht.“

Oder: „Frauen sind selbständig denkende Wesen“ – no na! – „, die es nicht notwendig haben, vom Staat überbehütet zu werden.“

Meine Damen und Herren! Unglaublich, aber wahr: Die Frauenministerin lässt die ös­terreichischen Frauen allein. Sie nimmt nicht Rücksicht auf die unterschiedlichen Le­bensverläufe, auf die unterschiedlichen Lebensbedingungen, die scheinen sie nicht zu interessieren. Unter dem Motto: Der Mutigen gehört die Welt! oder: Jede ist ihres Glü­ckes Schmied! lässt sie die Frauen allein. Es geht nur mehr darum, höher, schneller, weiter zu kommen.

 


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