Daher entsprechen diese Doppelbudgets, Herr Finanzminister, nicht Ihrer Ankündigung, alles zu tun, um das wirtschaftliche Wachstum zu fördern, sondern ganz im Gegenteil: Sie leisten den größten Beitrag dazu, dass sich das Wachstum in Österreich nicht besser entwickeln kann! (Beifall bei der SPÖ.)
Sie haben in den vergangenen Jahren in Ihren Budgetreden immer darauf hingewiesen, Sie hätten keine Möglichkeiten, denn das Nulldefizit sei die große Zielsetzung, die über allen anderen Zielsetzungen zu stehen hat. Ich kann mich erinnern, dass Sie, Herr Finanzminister, schon bei mehreren Budgetdebatten hier im Parlament auf Vorschläge, dass die Bundesregierung aktiver in der Investitionspolitik sein sollte, um einen Beitrag zu einem stärkeren wirtschaftlichen Wachstum zu leisten, meistens in der Weise reagiert haben, indem Sie gesagt haben, all diese Vorschläge würden das Nulldefizit gefährden und daher wären diese Vorschläge nicht relevant.
Interessant und bemerkenswert ist daher, dass Sie in Ihrer heurigen Budgetrede wortwörtlich gesagt haben, „dass in einer schwächeren konjunkturellen Phase, wie wir sie derzeit in Österreich haben, Defizite im Staatshaushalt durchaus sinnvoll sind“.
Herr Minister, haben Sie die Entwicklung der letzten zwei Jahre verschlafen? Wir hatten in Österreich auch schon im Jahr 2001 und im Jahr 2002 eine schwierige konjunkturelle Situation, und da lautete jeweils Ihre Antwort: Wir müssen unbedingt das Nulldefizit erreichen und können uns daher nicht mehr Investitionen leisten!
Das Ergebnis dieser Politik war, das Sie im Jahre 2002 weder das Nulldefizit erreicht noch Ihren selbst gewählten Budgetpfad eingehalten haben, sondern ganz im Gegenteil: Es ist Ihnen das Budgetdefizit explodiert!
Das heurige Budgetdefizit ist auch nicht das Ergebnis einer gestaltenden Wirtschaftspolitik, sondern das Ergebnis der Versäumnisse in der Wirtschaftspolitik der letzten beiden Jahre, da Sie wieder nicht bereit gewesen sind, zu investieren und einen Beitrag zur Wachstumspolitik zu leisten. (Beifall bei der SPÖ.)
Ihre Einsicht, Herr Finanzminister, kommt etwas zu spät. Doch das Lehrgeld für diese Wirtschaftspolitik müssen die Österreicherinnen und Österreicher zahlen, und zwar vor allem jene Menschen, die in den letzten beiden Jahren ihren Arbeitsplatz verloren haben.
Da Sie mit Stolz immer darauf verweisen, dass unsere Arbeitslosenrate bedeutend niedriger ist als jene im europäischen Durchschnitt, muss ich Ihnen sagen: Das ist zwar richtig und auch wichtig für Österreich, aber wenn wir diese Frage ehrlich analysieren, dann müssen wir doch feststellen, dass Österreich bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten eine bedeutend geringere Arbeitslosigkeit hat, als es sie im europäischen Schnitt gibt.
Aber der Schlüssel zu dieser geringeren Arbeitslosigkeit ist unter anderem Ausfluss einer zentralen Überzeugung gewesen: Wir haben nämlich in Österreich Wirtschaftspolitik immer so verstanden, dass man, wenn man eine zu hohe Sockelarbeitslosigkeit hat, selbst in Zeiten guter Konjunktur von dieser Sockelarbeitslosigkeit nur sehr schwer wegkommen kann. Entscheidend war daher, dass wir am Ende der siebziger und am Beginn der achtziger Jahre, als die Arbeitslosigkeit in den anderen europäischen Staaten explodiert ist, eine Wirtschaftspolitik betrieben haben, auf Grund welcher es in Österreich gelungen ist, die Sockelarbeitslosigkeit gering zu halten. Dieser historische Bezug macht Folgendes deutlich: Dass wir in Österreich heute eine niedrige Arbeitslosigkeit haben, ist in erster Linie das Verdienst Ihrer Vorgänger – und nicht Ihr Verdienst, Herr Finanzminister! (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)