Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 22. Sitzung / Seite 10

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Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung des Teiles „Oberste Organe“.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Wunschgemäß stelle ich ihm die Redezeit auf 15 Minuten ein. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


9.08

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Mitglieder der Volksanwaltschaft! Herr Präsident des Rechnungshofes! Mei­ne sehr verehrten Damen und Herren! Das Doppelbudget der Jahre 2003 und 2004 ist für uns vor allem vor folgendem Hintergrund zu betrachten: Welchen Beitrag leistet dieses Doppelbudget in dieser wirtschaftlich nicht sehr einfachen Situation: einen Bei­trag dazu, dass das Wachstum in Österreich ein stärkeres wird, dass es uns gelingt, die Beschäftigung zu steigern und die Arbeitslosigkeit zu reduzieren? Welchen Beitrag leistet dieses Budget zur Stabilisierung der staatlichen Ausgaben und der öffentlichen Haushalte? Und welchen Beitrag leistet dieses Budget vor allem für die Chancen und Möglichkeiten, die die Österreicherinnen und Österreicher in den nächsten zwei Jahren brauchen werden?

Wenn ich dieses Doppelbudget vor diesem Hintergrund betrachte, werde ich versu­chen, eine faire Bewertung durchzuführen, Herr Finanzminister, und zwar eine faire Bewertung vor allem vor dem Hintergrund Ihrer angekündigten Zielsetzungen, auch jener in Ihrer Budgetrede.

Sie, Herr Finanzminister, haben darauf hingewiesen, dass es darum geht, mehr Wachstum zu erzielen, und Ihrem eigenen Budget und den Begleitheften liegt zugrun­de, dass auf Basis Ihres Budgets das Wirtschaftswachstum in Österreich in den nächs­ten Jahren um 0,4 Prozent geringer sein wird als jenes im europäischen Durchschnitt.

Das war nicht immer so: Österreich hat in den letzten eineinhalb Jahrzehnten meistens ein wirtschaftliches Wachstum gehabt, das bedeutend über dem durchschnittlichem Wachstum in der Europäischen Union gelegen ist. Nun verzichten Sie auf ein so hohes Wachstum und bescheiden sich mit 0,4 Prozent weniger, als der europäischen Schnitt ausmacht.

Herr Finanzminister! Das scheint mir keine sehr ambitionierte Wachstumspolitik zu sein, sondern – ganz im Gegenteil! – das Akzeptieren, dass Österreich von der euro­päischen Überholspur auf die europäische Kriechspur kommt. Das ist keine gestal­tende Politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Weshalb das so ist, kann man auch aus den Zahlen herauslesen, die Sie uns vorgelegt haben.

Wenn zum Beispiel im heurigen Jahr die öffentlichen Investitionen des Bundes um 40 Prozent weniger sein werden, als das im Jahre 2002 der Fall war, dann heißt das doch nichts Anderes, als dass die öffentliche Hand ihre Verantwortung für Investitionen zurücknimmt.

Wenn, was die Entwicklung der Kaufkraft in Österreich betrifft, gerade auf Grund der gestern beschlossenen Budgetbegleitgesetze die Lohneinkommen und die Pensions­einkommen real nicht steigen, sondern bestenfalls stagnieren werden, dann heißt das, dass auch auf der Ebene der Kaufkraft in Österreich nichts in Form eines zusätzlichen Anreizes für das wirtschaftliche Wachstum geschieht.

Wenn man betrachtet, wie die langfristigen Wachstumsfaktoren aussehen, nämlich Investitionen in Bildung, in Wissenschaft und Forschung, dann sieht man, dass die Ansätze, die sie im Budget gewählt haben, weit hinter den selbstgestellten Zielsetzun­gen zurückbleiben.

 


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