Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 24. Sitzung / Seite 112

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Meine Damen und Herren! Kurz etwas zur politischen Kultur, in der das Ganze abge­handelt wird: Wenn Sie sich an die letzten beiden Dringlichen Anfragen in dieser Cau­sa erinnern, dann werden Sie wissen, dass man – insbesondere die Abgeordneten von den Regierungsparteien – damals im Verlauf von Begründung und Debatte merken konnte, dass es sich dabei nicht um irgendwelche Fragen handelte, mit denen man politische Debatten erzwingen wollte, sondern um präzise, dringliche Fragen, die von einem Minister zu beantworten waren und im Großen und Ganzen nicht beantwortet werden konnten.

Bei den ersten beiden Dringlichen Anfragen haben die Vertreter der Regierungspartei­en noch die Strategie gewählt, möglichst zu verteidigen, möglichst zu mauern, mög­lichst dem Finanzminister zu helfen. Heute sehen sie, dass auch das bereits chancen­los ist. Heute haben sie daher offensichtlich vereinbart, so zu tun, als säßen sie nicht im Nationalrat, sondern in einem Kaffeehaus. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Das Einzige, das noch fehlt, ist, dass Sie zum Schluss Ihre Kaffees auf eine Rechnung schreiben und diese dem Finanzministerium schicken, damit auch das aus Steuergel­dern bezahlt wird, Herr Klubobmann Molterer. Das ist die neue Regierungskultur! (Bei­fall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wenn man nicht mehr antworten kann, dann wird man eben organisiert tratschen, or­ganisiert schwätzen, organisiert weghören! – Aber, Frau Abgeordnete Partik-Pablé, Sie können sich meinetwegen Stöpsel in die Ohren stopfen, doch unsere Fragen kommen trotzdem durch, unsere Fragen werden dennoch öffentlich gehört, unsere Fragen wer­den dennoch vom Finanzminister entweder beantwortet oder nicht beantwortet! Wir werden auch heute aller Wahrscheinlichkeit nach – auch wenn Sie lesen und tratschen und so tun, als würde Sie all das nichts angehen – wieder Unwahrheiten hören, wieder falsche Antworten bekommen, es wird wieder alles verschwiegen werden, aber wir werden trotzdem wieder einen Schritt weiter kommen und wiederum ein bisschen mehr Licht in die Affäre Grasser bringen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Wenn Sie, Herr Klubobmann Molterer, glauben, dass die ÖVP weghören kann, dann werden Sie sich wundern. Vielleicht hört die ÖVP weg, aber die Wählerinnen und Wäh­ler, auf die Sie angewiesen sind, spätestens bei den Landtagswahlen im Herbst, hören schon lange nicht mehr weg. (Abg. Mag. Molterer: Soll ich mich jetzt fürchten?) Diese sehen nur, dass Sie noch so tun, als hätten Sie nichts damit zu tun.

Deswegen sage ich Ihnen Folgendes: Wenn wir dann über die Ergebnisse dieser An­fragebeantwortung reden und sie bewerten, wenn wir die Frage stellen, ob ein Miss­trauensantrag gerechtfertigt ist, spätestens dann wird sich auch für Sie die Frage stel­len, ob Ihnen die Vorwürfe egal sind, ob Ihnen der Verdacht auf Schiebung egal ist, ob Ihnen der Verdacht auf Amtsmissbrauch egal ist, ob Ihnen der Verdacht auf verbotene Geschenkannahme egal ist, ob Sie nur eines interessiert, nämlich einem ins ärgste Zwielicht der letzten Jahre geratenen Finanzminister um jeden politischen Preis die Stange zu halten. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Das waren Zeiten, Herr Klubobmann Molterer, als es die Regierungszustände noch erlaubt haben, sich im Plenum dieses Nationalrates etwa wie ein Abgeordneter zu ver­halten. Aber wegzuschauen, wegzuhören und nichts zu sagen haben, das ist nicht das Motto von Nationalratsabgeordneten, sondern von einer völlig anderen Gattung, die nicht nur politisch nichts in diesem Hohen Haus verloren hat!

Damit komme ich zum dritten Bereich. Dieser dritte Bereich ist der finanziell vielleicht uninteressanteste, strukturell aber einer der spannendsten: Das ist der Bereich der großen Freundschaften (Abg. Eder: Die Freunderln!), das ist der Bereich der Freizü­gigkeit, das ist der Bereich der milden Gaben, das ist der Bereich, bei dem aus der


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