schreibt nicht vor, dass Verfahren in erster Instanz so fehlerhaft durchgeführt werden, dass es so viel Grund zur Beanstandung und Berufung gibt, dass fast alles in der zweiten Instanz oder noch höher landet und sich daher Verfahren über Jahre hinwegziehen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kößl: Das ist eine massive Unterstellung den Beamten gegenüber!) – Nein!
Zur Klarstellung: Das ist ganz dezidiert keine Unterstellung den Beamten gegenüber, sondern das ist eine Kritik daran, dass das Ressort Strasser es bis heute nicht geschafft hat, ausreichendes Personal mit ausreichenden Ressourcen auszustatten, um diese Verfahren ordnungsgemäß schon in der ersten Instanz mit entsprechender Behandlung und Berücksichtigung alles Nötigen durchführen zu können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Herr Minister, ich lade Sie daher dringend ein, nicht am Gesetz herumzudoktern, um es möglichst restriktiv zu machen. Um eine Formulierung von Ihnen zu wählen: Es sollen die Asyl bekommen, die es brauchen – ja! –, aber es sollen nicht Sie – handverlesen nach den Zahlen, die gerade politisch opportun erscheinen – definieren, wer Asyl braucht.
Ein faires und rasches, mit Rechtssicherheit ausgestattetes Verfahren soll ermöglicht werden. Eine Maßnahme ist mir dabei – insbesondere für Frauen – ein Dorn im Auge: das so genannte Neuerungsverbot.
Ich sehe einmal davon ab, dass das Wort
„Neuerungsverbot“ an sich über eine Regierung, die für sich in Anspruch nimmt,
innovativ sein zu wollen, ohnehin einiges aussagt. Herr Minister! Glauben Sie
tatsächlich, dass zum Beispiel eine Frau, die Opfer sexueller Gewalt wurde,
die vielleicht vor Massenvergewaltigungen in Kriegsgebieten flüchtet, an der
Grenze bei der Ersteinvernahme – vermutlich durch lauter männliche
Beamte – sofort erzählt, was alles passiert ist? Dieser Frau untersagen
Sie über das Neuerungsverbot, später ihre tatsächlichen Flucht- und Asylgründe
anzugeben. (Bundesminister Dr. Strasser: Falsch! – Abg. Miedl:
Frau Kollegin! Folter haben wir ausdrücklich ausgenommen!)
Dasselbe gilt für andere traumatische
Erfahrungen. Wir können von Folteropfern sprechen, wir können von
verschiedensten Verfolgungsgründen sprechen: Sie gehen davon aus, dass jemand
an der Grenze sofort unsere bürokratischen Schikanen und Prozeduren kennt und
sofort imstande ist, sämtliche Fluchtgründe ausreichend begründet auf den Tisch
zu legen. (Bundesminister Dr. Strasser: Falsch!)
Lassen Sie mich noch ein Thema ansprechen, bei dem Sie ja eigentlich gar nicht die große Sorge haben müssten, dass nun Millionen Menschen Österreich an den Grenzen bedrängen und hereinwollen, eine Maßnahme, die gar kein Geld kosten würde und die Ihnen in Menschenrechtskreisen und feministischen Kreisen größte Anerkennung bringen würde: Die Genitalverstümmelung von Frauen ist zwar nach dem Strafgesetzbuch in Österreich verboten, aber explizit kein Asylgrund; sie kann in Einzelfällen berücksichtigt werden.
Ich fordere Sie auf, das endlich auch per
Gesetz als offiziellen Asylgrund festzuschreiben und sich nicht immer nur
zwischendurch empört darüber zu geben, dass es diese Usance noch immer gibt und
Hunderttausende Menschen – vor allem Frauen – in Afrika betrifft. (Beifall
bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Schließlich darf ich Sie auch einladen, der Situation von Jugendlichen im Asylverfahren und im Flüchtlingsstatus gesondertes Augenmerk zu widmen. Sie werden alle – ich berufe mich dabei auf ein anerkanntes Medium – das „profil“ dieser Woche gelesen haben, in dem sehr klar und deutlich der Vorwurf erhoben wird, dass Österreich systematisch Straßenkinder produziert.