Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 104

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Es ist so, dass Österreich in der Erwachsenenbildung säumig ist; das wissen Sie genauso gut wie wir. Da geht es darum, wesentliche Defizite aufzuholen. (Bundes­ministerin Gehrer kehrt wieder zur Regierungsbank zurück.) – Das freut mich, Frau Ministerin. – Ich spreche gerade über die Erwachsenenbildung und über die massiven Defizite, die wir in diesem Bereich in Österreich leider haben.

Sie wissen und wir wissen, dass dringend ein Plan für lebenslanges Lernen in Öster­reich vorzulegen wäre. Das ist bisher nicht erfolgt. Das ist auch schon von der EU-Kommission kritisiert worden, weil Österreich dieser Aufgabe nicht nachgekommen ist. Es geht darum, qualitative und quantitative Kriterien für die Erwachsenenbildung fest­zuschreiben. Ich habe mir wie immer Ihr Regierungsprogramm auch in diesem Punkt angeschaut. Es ist nichts über diesen Bereich des lebenslangen Lernens enthalten, das auf einen Plan für diesen Gesamtbereich hinweisen würde. Es gibt vier Detail­punkte, aber nichts, was auf den Gesamtplan hinweist.

Eine wesentliche Frage ist auch: Wie soll die Finanzierung in diesem Bereich gesichert werden? – Lebenslanges Lernen ist ein Bereich, der immer weiter ausgebaut werden muss, der immer weiter fortschreitet. Und was tun Sie? – Anstatt verstärkt zu in­ves­tieren, reduzieren Sie Förderungen im Bereich der Erwachsenenbildung! (Beifall bei den Grünen.)

Sie reduzieren zum Beispiel bei der Personalförderung der pädagogischen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeiter. Dort ist es in den letzten fünf Jahren allein zu Reduktionen von minus 25 Prozent gekommen. Stellen Sie sich das vor, wenn Sie das in anderen Bereichen machen würden! In einem zentralen Bildungsbereich kürzen Sie einfach um 25 Prozent!

Die Tendenz geht außerdem dahin, nur noch Projekte zu fördern, anstatt auch Institu­tionen zu fördern. Das Ergebnis ist, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen Groß­teil ihrer Arbeitszeit damit verbringen müssen, Projekte überhaupt zustande zu bringen, Subventionsstellen zu finden und Anträge auszufüllen statt pädagogische Arbeit leisten zu können. Das ist nicht die Entwicklung der Erwachsenenbildung, die wir brauchen, Frau Ministerin. Wir brauchen eine gute Förderung der Institutionen als solche, die dann zusätzlich durch Projektförderung erweitert wird – das aber nicht durch eine allei­nige Projektförderung, die die Institutionen letztendlich im Regen stehen lässt. (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe den Eindruck, dass Sie die Bedeutung der Bildung auch als volkswirtschaft­liches Vermögen nicht in dem Maße berücksichtigen, würdigen und beachten, wie sie es verdient. Es gibt dazu Berechnungen, wonach Bildung als volkswirtschaftliches Ver­mögen im Faktor 1 : 3 zum Sachvermögen zu sehen ist. Das heißt, Bildung ist einer der größten Werte, die wir in Österreich sozusagen ansparen können, wenn es um die künftige Entwicklung des Landes geht.

Im Bereich der Erwachsenenbildung hat die ehrenamtliche Arbeit nach wie vor einen sehr hohen Stellenwert, die zwar immer wieder in irgendwelchen Reden groß gelobt wird, wo es aber so ist, dass nicht bewusst wird, dass auch Ehrenamt Geld kostet und im Bereich der ehrenamtlichen Arbeit entsprechend budgetär Vorsorge zu treffen ist. Ehrenamtliche Arbeit bedeutet, dass die Leute, die ehrenamtlich arbeiten, begleitet werden müssen, beraten werden müssen, zum Teil geführt werden müssen, dass sie Weiterbildung brauchen, dass sie Supervision brauchen. Nur mit solchen Grundlagen kann ehrenamtliche Arbeit auf Dauer positiv wirken und gut laufen.

Auch hier ist die Richtung leider die, dass man sagt, es geht nur um reine Organisa­tions­arbeit, dass man aber bei dieser Berechnung völlig vergisst, dass Ehrenamt ein­fach einen sehr hohen Aufwand im Bereich von „Pflege“ – unter Anführungszeichen – der ehrenamtlich Tätigen bedeutet.

 


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