Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Die Uhr ist wunschgemäß auf 5 Minuten gestellt. – Bitte, Herr Abgeordneter.
11.21
Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Rede des Abgeordneten Schweisgut ist eigentlich beachtlich: Es war nämlich eine Rede nicht für das vorliegende Gesetz, sondern schon für das nächste. Stichwort: Sonntagsöffnung. Ich betone: Sonntagsöffnung von Seiten der ÖVP!
Es haben brav alle ÖVP-Bürgermeister in den
letzten Jahren – gemeinsam mit anderen Bürgermeistern; das gebe ich schon
zu – die Forderung unterschrieben: Hände weg vom arbeitsfreien Sonntag!,
doch jetzt kommt der Abgeordnete Schweisgut und sagt: Nein, nein, auch am
Sonntag wollen die Leute, die Touristen eine Einkaufsmöglichkeit haben! –
Die Touristen sind es immer, die dafür herhalten müssen, wenn irgendjemandem in
diesem Hohen Haus oder auch draußen schon wieder das nächste Begehren einfällt.
(Widerspruch bei der ÖVP.)
Wir beschließen heute ein Gesetz zur weiteren so genannten maßvollen Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten, doch gleichzeitig stellen sich ÖVP-Abgeordnete her und sagen: Damit ist nicht genug, sondern Ruhe ist erst dann, wenn am Sonntag offen ist! (Abg. Schweisgut: Sie haben nicht zugehört! Das ist eine Verdrehung meiner Aussage!)
Halten wir das fest, Herr Kollege Schweisgut: Es ist offensichtlich die Absicht beziehungsweise die Haltung der ÖVP, sich an die eigenen Beschlüsse, die viele Bürgermeister, viele Gemeinden in den letzten Jahren, und zwar vor allem auch mit Zustimmung der ÖVP, getroffen haben, nicht zu halten. So schaut es aus! (Beifall bei den Grünen. – Widerspruch bei der ÖVP.)
Damit bin ich beim eigentlichen Thema angelangt. Herr Abgeordneter Schweisgut, man kann über die Ladenöffnung unterschiedlicher Meinung sein. Ich kenne natürlich auch die verschiedenen Vorstellungen und Begehren, und wir diskutieren das auch. Dass jemand sich um 4 Uhr in der Früh gerne in einer Buchhandlung in aller Ruhe ein Buch aussuchen würde und darin schmökern möchte, das gibt es. Genauso gibt es das Bedürfnis, sich am Sonntag – und zwar nur am Sonntag – die Möbel für die Eigentumswohnung oder für die Mietwohnung auszusuchen, weil unter der Woche zu wenig Zeit dafür ist. Das trifft gerade auf die im Handel Beschäftigten zu, denn die müssen in Zukunft bis Samstag arbeiten. Wenn die also die Möglichkeit haben sollen, einzukaufen, dann müssen Sie mit dem Argument, das komme den Handelsangestellten zugute, die Sonntagsöffnung verfügen, weil die sonst kaum mehr die Möglichkeit haben, einzukaufen. So kommen wir nicht weiter! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Natürlich gibt es die unterschiedlichsten Bedürfnisse, aber was mir bei dieser Debatte, soweit ich sie bis jetzt verfolgt habe, auffällt, das ist der Umstand, dass sie wortidentisch das widerspiegelt, was wir 1997 bei der letzten Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten hier im Hohen Haus diskutiert haben. Damals sind die Abgeordneten von den Regierungsparteien – und es gab damals eine andere politische Konstellation; Herr Kollege Dolinschek, ich komme noch darauf zurück – hier gestanden und haben die Meinung vertreten – die SPÖ eher mit der Sorge um die Handelsangestellten –, es sei eine maßvolle Liberalisierung. Damals hieß es: Wir machen es nur maßvoll!
Das zweite Argument von damals lautet, diese maßvolle Liberalisierung im Handel werde zu einem Einkommens- und zu einem Beschäftigungszuwachs bei den Handelsangestellten führen und der Handelsumsatz werde insgesamt steigen. Doch jetzt hörten wir vom Herrn Wirtschaftsminister, dass die Umsätze im Handel zurückgehen. Herr Bundesminister, ich frage Sie: Was ist da los? Ihre Versprechen hinsichtlich der