Die Problematik wird besonders evident
im Zusammenhang mit der Frage des Nachbaues von sichtbaren Einzelteilen zu
Reparaturzwecken im KFZ-Sektor (zum Beispiel Scheinwerfer, Autoglas). Um vom
Konsumenten akzeptiert zu werden, müssen die nachgebauten Teile genauso
aussehen wie das Original.
Wird der Nachbau von sichtbaren
Ersatzteilen verboten, würde der Ersatzteile-Markt monopolisiert werden und die
Konsumenten gezwungen, Originalersatzteile – die in der Regel um ein
Vielfaches teurer sind als gleichwertige Nachbau-Ersatzteile – zu kaufen.
Auf EU-Ebene konnte in dieser Frage
keine Einigung gefunden werden. Art. 14 der EU Richtlinie sieht als
Kompromisslösung in einer „freeze plus“ Formel vor, dass die MS bestehende
Schutzvorschriften für Ersatzteile aufrechterhalten und dann eine Änderung
vorsehen können, wenn dadurch die Liberalisierung mit solchen Bauelementen
(Ersatzteilen) ermöglicht wird. Gleichzeitig verpflichtetet sich die
Kommission, die Problematik näher zu untersuchen und in vier Jahren einen Vorschlag
zu unterbreiten.
In Österreich werden Ersatzteile vom
derzeit geltenden Musterschutzrecht geschützt. In der Praxis wird derzeit vom
Ausschließlichkeitsrecht selten Gebrauch gemacht
Im Zuge der Richtlinienumsetzung und
Gesetzesänderung ist jedoch mit einer Änderung des Verhaltens der
Originalteilehersteller in Bezug auf Eintragung und Durchsetzung von
Musterrechten zu rechnen.
Dem Nachbau von Ersatzteilen zu
Reparaturzwecken im KFZ-Sektor kommt in Österreich jedoch eine wichtige
volkswirtschaftliche Bedeutung zu:
– Es gibt rund
300 KFZ-Zulieferbetriebe beziehungsweise Ersatzteilehersteller. In diesen
großteils klein- und mittelständischen Betrieben sind zirka
55 000 Arbeitnehmer beschäftigt. Eine Monopolisierung der Ersatzteile
würde die Existenz der freien Ersatzteilmärkte gefährden und auch die
Abhängigkeit der Zulieferbetriebe von der Automobilindustrie steigern. Für sie
würde es nicht mehr möglich sein, neben Originalteilen auch Nachbauersatzteile
für den freien Markt zu produzieren.
– Eine Monopolisierung würde sich auch
nachteilig auf nachgelagerte Stufen wie Ersatzteilhandel und freie Werkstätten
auswirken und könnte bis zum Abbau von Arbeitsplätzen führen.
– Konsumenten müssen weiterhin die
Möglichkeit haben, zwischen teuren Originalersatzteilen und billigeren
Nachbauersatzteilen zu wählen.
Das in den erläuternden Bemerkungen
angeführte Bedürfnis an Rechtssicherheit, das für die Nichtaufnahme der
Reparaturklausel als Begründung angeführt wird, kann somit nicht höher wiegen
als wirtschaftlichen Interessen Österreichs.
Es ist davon auszugehen, dass sowohl
andere Mitgliedsstaaten über weniger strenge Schutzbestimmungen für Ersatzteile
verfügen als auch von der Liberalisierungsmöglichkeit Gebrauch machen.
Insoferne stellt die Beibehaltung des hohen österreichischen Schutzstandards
auch in Bezug auf die durch die Richtlinie vorgegebene neue Schutzdauer von
25 Jahren eine Veränderung der Bestimmungen dar, die keinesfalls
liberalisierend wirkt.
Um die Wettbewerbsfähigkeit der
österreichischen Ersatzteileindustrie weiterhin zu gewährleisten und
berechtigte Konsumentenanliegen zu berücksichtigen, soll folgende
richtlinienkonforme Lösung in das österreichische Gesetz aufgenommen werden :
Sichtbare Ersatzteile genießen zwar weiterhin Musterschutz, allerdings muss der Nachbau von Ersatzteilen zu Reparaturzwecken gegen eine gerechte, angemessene Vergütung sofort möglich sein. Als Kriterium für die Berechnung der angemessenen