Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 93

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Die Problematik wird besonders evident im Zusammenhang mit der Frage des Nach­baues von sichtbaren Einzelteilen zu Reparaturzwecken im KFZ-Sektor (zum Beispiel Scheinwerfer, Autoglas). Um vom Konsumenten akzeptiert zu werden, müssen die nachgebauten Teile genauso aussehen wie das Original.

Wird der Nachbau von sichtbaren Ersatzteilen verboten, würde der Ersatzteile-Markt monopolisiert werden und die Konsumenten gezwungen, Originalersatzteile – die in der Regel um ein Vielfaches teurer sind als gleichwertige Nachbau-Ersatzteile – zu kaufen.

Auf EU-Ebene konnte in dieser Frage keine Einigung gefunden werden. Art. 14 der EU Richtlinie sieht als Kompromisslösung in einer „freeze plus“ Formel vor, dass die MS bestehende Schutzvorschriften für Ersatzteile aufrechterhalten und dann eine Ände­rung vorsehen können, wenn dadurch die Liberalisierung mit solchen Bauelementen (Ersatzteilen) ermöglicht wird. Gleichzeitig verpflichtetet sich die Kommission, die Problematik näher zu untersuchen und in vier Jahren einen Vorschlag zu unterbreiten.

In Österreich werden Ersatzteile vom derzeit geltenden Musterschutzrecht geschützt. In der Praxis wird derzeit vom Ausschließlichkeitsrecht selten Gebrauch gemacht

Im Zuge der Richtlinienumsetzung und Gesetzesänderung ist jedoch mit einer Ände­rung des Verhaltens der Originalteilehersteller in Bezug auf Eintragung und Durchset­zung von Musterrechten zu rechnen.

Dem Nachbau von Ersatzteilen zu Reparaturzwecken im KFZ-Sektor kommt in Öster­reich jedoch eine wichtige volkswirtschaftliche Bedeutung zu:

– Es gibt rund 300 KFZ-Zulieferbetriebe beziehungsweise Ersatzteilehersteller. In die­sen großteils klein- und mittelständischen Betrieben sind zirka 55 000 Arbeitnehmer beschäftigt. Eine Monopolisierung der Ersatzteile würde die Existenz der freien Ersatz­teilmärkte gefährden und auch die Abhängigkeit der Zulieferbetriebe von der Auto­mobilindustrie steigern. Für sie würde es nicht mehr möglich sein, neben Originalteilen auch Nachbauersatzteile für den freien Markt zu produzieren.

– Eine Monopolisierung würde sich auch nachteilig auf nachgelagerte Stufen wie Er­satzteilhandel und freie Werkstätten auswirken und könnte bis zum Abbau von Arbeits­plätzen führen.

– Konsumenten müssen weiterhin die Möglichkeit haben, zwischen teuren Originaler­satzteilen und billigeren Nachbauersatzteilen zu wählen.

Das in den erläuternden Bemerkungen angeführte Bedürfnis an Rechtssicherheit, das für die Nichtaufnahme der Reparaturklausel als Begründung angeführt wird, kann somit nicht höher wiegen als wirtschaftlichen Interessen Österreichs.

Es ist davon auszugehen, dass sowohl andere Mitgliedsstaaten über weniger strenge Schutzbestimmungen für Ersatzteile verfügen als auch von der Liberalisierungsmög­lichkeit Gebrauch machen. Insoferne stellt die Beibehaltung des hohen österreichi­schen Schutzstandards auch in Bezug auf die durch die Richtlinie vorgegebene neue Schutzdauer von 25 Jahren eine Veränderung der Bestimmungen dar, die keinesfalls liberalisierend wirkt.

Um die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Ersatzteileindustrie weiterhin zu ge­währleisten und berechtigte Konsumentenanliegen zu berücksichtigen, soll folgende richtlinienkonforme Lösung in das österreichische Gesetz aufgenommen werden :

Sichtbare Ersatzteile genießen zwar weiterhin Musterschutz, allerdings muss der Nachbau von Ersatzteilen zu Reparaturzwecken gegen eine gerechte, angemessene Vergütung sofort möglich sein. Als Kriterium für die Berechnung der angemessenen


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