Für uns Grüne ist diese Erweiterung tatsächlich das Friedensprojekt in diesem Europa. Wir haben das auch schon lange, bevor Österreich beigetreten ist, gesagt. Für uns war immer klar, dass Europa mehr ist als diese Europäische Union. Dieses Zusammenwachsen kostet natürlich auch Geld – das hat schon mein Klubobmann Van der Bellen gesagt –, Geld, das sehr wohl notwendig ist. Es kostet aber nicht nur Geld, sondern es braucht auch Phantasie und Mut, um Dinge, die vorbei sind, vorbei sein zu lassen und um in die Zukunft dieses gemeinsamen neuen Europas des 21. Jahrhunderts zu schauen. (Beifall bei den Grünen.)
Es geht auch darum, die Dinge jetzt gemeinsam anzugehen und nicht mehr zu versuchen, gegeneinander aufzutreten, so wie das in den rund 45 Jahren, in denen uns der Eiserne Vorhang getrennt hat, der Fall war. Dies war wirklich keine gedeihliche Zeit, weder für die Menschen im Ostblock noch für die Menschen in unseren Grenzregionen. Es ist eben notwendig, die Dinge gemeinsam zu tun.
Von unserer Seite her hat es schon seit längerem Vorschläge gegeben, ähnlich wie es zwischen Deutschland und Tschechien 1997 vereinbart wurde, eine gemeinsame österreichisch-tschechische Erklärung zu verfassen, in der jedes Land die Verantwortung eingesteht, die es für die Fehler und für die Verfehlungen, die im jeweiligen Land während der NS-Zeit und danach geschehen sind, hatte. Das ist mit dieser deutsch-tschechischen Erklärung gelungen. Und seit damals werden die deutsch-tschechischen Beziehungen gemeinsam aufgearbeitet.
In Österreich ist dies leider nicht geschehen, meine Damen und Herren, und das bedauern wir sehr. Das hat wohl auch damit zu tun, dass seit dem Jahr 2000, seitdem es diese Bundesregierung gibt, auch die EU-Politik in eine Richtung gegangen ist, die eher das Trennende und nicht die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund gestellt hat. Wir haben das lange und breit immer wieder diskutiert, und ich möchte dafür einen Begriff verwenden, den vorgestern der österreichische Politikwissenschafter Dr. Helmut Kramer beim 70. Geburtstag von Peter Jankowitsch erwähnt hat. Er hat davon gesprochen, dass es in den letzten Jahren so etwas wie eine „dynamische Stagnation“ gab. Das heißt also, es wurde immer wieder ein Schritt vor und wieder einer zurück gemacht, aber eigentlich ist nichts weitergegangen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.) Zum Glück gab es die EU, die die Dinge dann doch vorangetrieben hat. Zum Glück gab es doch ein gemeinsames Vorangehen von Seiten der Union, und diese Zusammenarbeit sollten wir auch in Zukunft stärken.
Ich bin jetzt etwas erstaunt gewesen, dass vor mir Kollege Walch ans Rednerpult getreten ist und nicht – wie schon vorher angekündigt – Frau Kollegin Rosenkranz, die ihren Antrag einbringen möchte. Ich habe mir gedacht, vielleicht wollte es die ÖVP nicht, dass der Herr Bundeskanzler dann auf diesen Antrag antworten muss, denn dieser geht in eine Richtung, die doch weit über das, was im Regierungsübereinkommen festgehalten ist, hinausgeht.
Sollte es dieser Antrag sein, der auch mir schon vorliegt, dann steht darin, dass die Bundesregierung ersucht wird, „bis zur bevorstehenden Ratifizierung ... sicherzustellen, dass ... eine menschenrechtskonforme Lösung“ mit Tschechien „erzielt wird“. – Im Regierungsabkommen steht nur, dass die Regierung das „anstrebt“, in diesem Antrag aber geht es um ein „Sicherstellen“. Da frage ich mich schon, Frau Rosenkranz, Herr Bundeskanzler: Was haben Sie vor, wenn das bis zur Ratifizierung im Herbst nicht gelingt? Was heißt das dann? Wird dann die FPÖ vielleicht doch nicht zustimmen, so wie das Frau Rosenkranz vorgestern angekündigt hat, aber gestern wieder zurückgezogen hat – ich nehme an, heute werden wohl alle zustimmen. (Abg. Mag. Posch: Der „mutige Widerstand“ der Freiheitlichen!) Geht dieses Spiel also weiter? Drohen Sie wieder einmal ein bisschen, und ziehen Sie es dann wieder zurück?