Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 28. Sitzung / Seite 66

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eine andere Veranstaltung im Haus verwendet (Heiterkeit) – und ist nicht zeitgerecht zurückgegeben worden. Sie wird ab morgen wieder da sein, und vielleicht werden wir trotz allergrößter Sparsamkeit eine zweite Europafahne anschaffen. (Allgemeiner Bei­fall.)

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. Wunschgemäße Redezeit: 8 Mi­nuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.02

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanz­ler! Sehr verehrte Herren Staatssekretäre! Tatsächlich scheint die EU-Erweiterung ein guter Anlass zu sein, um es zu einer zweiten Europafahne zu bringen.

Am Vorabend der EU-Osterweiterung muss man eines ganz klar sagen: Mit der Erwei­terung der Europäischen Union um zehn Länder wird diese ein ungeheuer verstärktes geopolitisches Gewicht erlangen. Das ist eine Rolle, der man sich gar nicht entziehen kann, und das bedeutet einerseits eine große Chance, aber andererseits natürlich auch eine große Bürde, und das ist auch mit großen Risken verbunden, wie man im Zuge der Debatte um den Irakkrieg feststellen konnte. Da hat es sich schon ganz deutlich gezeigt, dass diese Europäische Union, gerade wenn sie sich jetzt erweitert, nur dann erfolgreich leben und auch überleben können wird, wenn sie nach innen größtmögliche Stabilität zeigt. Andernfalls wäre sie ein Koloss auf tönernen Füßen, dem kein langes Leben beschieden wäre.

Diese Stabilität ist natürlich nicht nur eine, die auf der oberen politischen Ebene pro­klamiert werden kann, sondern sie muss auch tatsächlich zwischen den Völkern statt­finden. Das heißt, es ist eine Lebensnotwendigkeit, dass die Völker untereinander Respekt und Achtung vor dem jeweils anderen haben.

Diese Notwendigkeit erfordert – vor allem auch für eine gemeinsame Zukunft –, dass man mit der Vergangenheit im Reinen ist. Das haben auch Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Sozialdemokraten, in Ihrem Papier zur EU-Erweiterung, festgestellt, nämlich, dass nur bei bewältigter Vergangenheit eine gemeinsame Zukunft möglich ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Vergangenheit muss so bewältigt sein, dass man nicht mit einer Hypothek in eine neue Phase geht. Es gibt aber Hypotheken, und eine dieser Hypotheken sind die Beneš-Dekrete und das Straffreistellungsgesetz. Dazu muss gesagt werden: Die Beneš-Dekrete und dieses Amnestiegesetz sind die rechtliche Grundlage für die Ver­treibung von 3,5 Millionen Menschen. 241 000 Menschen haben das rettende Öster­reich nicht erreicht, vor allem alte Menschen, Frauen und Kinder. Die Amnestiegesetze versuchen zu rechtfertigen, was im Zusammenhang mit dieser Vertreibung an Gräueln geschehen ist.

Da gibt es jetzt natürlich die Ansicht: Ziehen wir einen Schlussstrich darunter, Vergan­genheit muss vergangen sein! Das wäre eine Ansicht, der man vielleicht noch etwas abgewinnen könnte, wenn sie nach allen Seiten vertreten werden würde. Doch dann gibt es auch jene Ansicht, die besagt, dass die Beneš-Dekrete totes Recht sind. Genau das ist der entscheidende Punkt!

Ich darf Sie in diesem Zusammenhang an das Rechtsgutachten des Völkerrechtlers Blumenwitz erinnern, der darin Folgendes sagt:

„Die Beneš-Dekrete ... sind nicht obsolet. Aufgehoben wurden nur jene Dekrete, die unmittelbar der Durchführung der Vertreibung dienten oder die Ansiedlung der neuen Bevölkerung regelten. Alle staatsangehörigkeits- und eigentumsrechtlichen relevanten Präsidialdekrete sind weiterhin in der Sammlung geltender tschechischer Gesetze ent­halten und nach tschechischer höchstrichterlicher Rechtsprechung auch Grundlage der


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