Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 28. Sitzung / Seite 69

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träge wäre vor allem an eine Adresse zu richten, und zwar an die Adresse der Frei­heitlichen Partei. (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe am Montag, nachdem ich telefonisch informiert worden bin, zuhause den Computer eingeschaltet und habe mir dann über Internet die aktuellen Zeitungsbe­richte angesehen. Dabei habe ich mit großer Überraschung die Wiederholung eines Debattenbeitrages durch eine Regierungspartei festgestellt, die das in dieser Form mittlerweile seit fünf Jahren tut, nämlich in der Form eines Nein zur EU-Erweiterung.

Wir beschließen heute ja nur das Ermächtigungsgesetz. Die Erweiterung ist noch lange nicht Realität, denn es muss noch ein Ministerratsbeschluss gefasst und auch noch der Erweiterungsvertrag hier im Parlament ratifiziert werden. Ich möchte von den Freiheit­lichen jetzt endlich einmal wissen, was das ständige Spiel mit der Drohung eines Nein zur EU-Erweiterung bedeutet. Was bedeutet es, dass im Wahlkampf vom Parteichef bei der Schlusskundgebung am Viktor-Adler-Markt in die Menge „hineingedonnert“ wurde: Lasst euch bei der Osterweiterung nicht täuschen, lasst euch nichts hinters Licht führen!?

Dieser ehemalige Wahlkämpfer ist jetzt Vizekanzler. Was bedeutet das, was er da gesagt hat, für die Erweiterung tatsächlich? In den letzten fünf Jahren haben Sie jeden Wahlkampf dazu benutzt, gegen die EU-Erweiterung Stimmung zu machen, das zu einer negativen Kampagne zu machen, und dieses Ihr Spiel ist sichtlich nicht zu Ende.

Wenn es eine Forderung gibt, die man aus der Rede von Bundeskanzler Schüssel übernehmen kann, dann ist es die: Bitte beenden Sie diese Debattenbeiträge! Verhal­ten Sie sich wie eine Regierungspartei, anstatt ständig hin und her zu schwanken und einmal ja und einmal nein zu sagen! Missbrauchen Sie dieses größte friedenspolitische Projekt nicht für Ihre innerparteilichen Kämpfe und für Ihre Wählerklientel-Kampagnen, denn das ist es wirklich nicht wert! (Beifall bei den Grünen.)

Die „Salzburger Nachrichten“ beschreiben das heute übrigens in einer Glosse mit der Überschrift „erbärmlich“, und ich kann dem wirklich nur beipflichten. Ich hätte mir ge­wünscht, dass wir den heutigen Tag etwas anders begehen würden, als ausschließlich wieder gegen diese Erweiterung, die in den Köpfen noch nicht vollzogen worden ist, und zwar von einem wesentlichen politischen Teil dieser Republik, zu Felde zu ziehen.

Ich möchte auch auf ein paar Ausführungen der Kollegin Rosenkranz eingehen, die wieder ein bilaterales Problem herangezogen hat, um zur EU-Erweiterung einen De­battenbeitrag zu leisten. Wir Grünen haben sehr großes Interesse daran, dass es zu einer Aufarbeitung der Geschichte kommt. In diesem Zusammenhang möchte ich dar­auf verweisen, wie lange Österreich dafür gebraucht hat.

Unser Interesse ist jetzt nicht ein nationales, und zwar in dem Sinne, dass wir unbe­dingt Recht haben möchten, sondern unser Interesse gilt dem Ziel, dass in der tsche­chischen Gesellschaft Verständnis für die Vorgänge entsteht und ein neues Bewusst­sein dafür geschaffen wird und dann eine Aufarbeitung erfolgt. Dafür braucht man Zeit, und das soll im Dialog und nicht in Form von Drohungen geschehen.

Das, was Sie heute mit Ihrem Entschließungsantrag wieder gemacht haben, ist die Verknüpfung der Arbeit, die auf beiden Seiten getan werden muss, mit dem Beitritts­vertrag. Das ist mir völlig unverständlich, und ich verstehe auch nicht, wie man in der Sache selbst, nämlich in der Frage der Beneš-Dekrete, auch nur einen Schritt weiter­kommen möchte.

Ich möchte Sie da an Folgendes erinnern: Letztes Jahr hat es einen verbalen Schlag­abtausch zwischen FPÖ-Politikern und tschechischen Spitzenpolitikern gegeben, der uns keinen einzigen Schritt nach vorne gebracht hat, sondern nur noch weiter zurück­geworfen hat. Also Ihre Strategie ist mir völlig unbegreiflich, wenn es um eine Aufarbei-


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