Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 28. Sitzung / Seite 70

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tung der Geschichte gehen soll in dem Sinne, dass man eine neue Basis schafft, auf der die nächste Generation Menschenrechte in einem anderen historischen Zusam­menhang betrachtet kann als in jenem der fünfziger Jahre. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben dazu 45 Jahre lang gebraucht. Dass das in Gesetze eingeflossen ist, hat bei uns bis zum Jahre 1998 gedauert. Stichworte: Kunstrückgabegesetz, erst viel später dann ein Entschädigungsfonds. Ich wiederhole: Wir haben dazu 45 Jahre gebraucht! Die Tschechische Republik diskutiert jetzt zehn Jahre als freie Republik über dieses Problem. Nehmen wir uns die Zeit und geben wir uns auch den Raum für einen Dialog!

Ich möchte noch auf ein anderes Problem zu sprechen kommen, das mit der Erweite­rung in sehr engem Zusammenhang steht, nämlich auf die Vertiefung der Europäi­schen Union, und aktuell darauf verweisen, dass im Moment gerade die Schlussdis­kussion im so genannten EU-Konvent über die neue Verfassung stattfindet. Dort tut sich ein Riesenproblem auf, und mich wundert es, dass der Bundeskanzler zu diesem Problem kein einziges Wort verloren hat und auch in der Fragestunde sehr lässig darüber hinweggegangen ist, nämlich die Frage: Was bedeutet der Euratom-Vertrag in der jetzt bestehenden Form, wenn er für immer und ewig in der Europäischen Verfas­sung verankert ist?

Dieses Problem kann man gar nicht ernst genug nehmen. Was bedeutet das für die europäischen Bürger, die unter Umständen über eine europäische Verfassung abstim­men werden oder müssen oder wollen oder können, in welcher diese demokratiefeind­lichen Bestimmungen, wonach sich eine Industrie selbst eine Schutzzone schafft und die Atomkraftpolitik einfach weiter fortführt, enthalten sind? Das als einen Teil der Euro­päischen Verfassung zu akzeptieren, können, glaube ich, weder die österreichischen Bürgerinnen und Bürger noch andere atomkraftfreie Staaten.

Unter den Beitrittswerbern sind im Übrigen sechs der neuen zehn Staaten atomkraft­frei, nur vier sind atomkraftwerbende Staaten. Es gibt nicht einmal Mindestanforderun­gen, nicht einmal eine parlamentarische Kontrolle des Europaparlaments, nicht einmal Gegenstimmen gegen milliardenhohe Fördersubventionen. Wenn das nicht geändert wird, dann kann meiner Meinung nach Österreich zu dieser Verfassung nicht ja sagen.

Ich frage mich: Wie wird dieses Problem behandelt? Der Bundeskanzler hat dazu kein einziges Wort verloren. Er gab uns keine Antwort auf die Frage: Wie werden wir das machen, wie kommen wir aus dieser Sackgasse heraus? Im Oktober beginnt die Regierungskonferenz, und das, was jetzt eigentlich notwendig wäre, sehe ich nicht einmal in Umrissen am Horizont, nämlich das zur absoluten Priorität zu machen, damit dieses Europäische Verfassungsprojekt nicht an dieser Frage scheitert.

Der Herr Bundeskanzler ist dringend aufgerufen, diese Frage ernster zu nehmen, nachdem die Bemühungen Österreichs im Konvent gescheitert sind, mit seinem Anlie­gen durchzukommen. – Dieses Anliegen hat im Übrigen nicht der Regierungsvertreter dort eingebracht, sondern meine Kollegin Eva Lichtenberger, und Herr Farnleitner hat sich dieser Initiative für eine Lösung dieser heiklen Frage EURATOM nur ange­schlossen.

Wenn es bis heute Abend nicht geschafft wird, diese Frage zu lösen, dann muss das zur absoluten Chefsache erklärt werden. Ich glaube, wir können den österreichischen Bürgerinnen und Bürgern nicht erklären, dass wir weiterhin Milliarden an europäischen Steuergeldern in diese Dinosaurierindustrie stopfen und noch dazu unsere Sicherheit auch die nächsten Jahre weiterhin gefährden. Ich fordere Sie daher auf, endlich aufzu­wachen und endlich Aktivitäten in diese Richtung zu setzen! (Beifall bei den Grünen.)

 


12.18

 


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