Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 28. Sitzung / Seite 187

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ein kleiner Wermutstropfen ist noch gegeben: Ein Bericht über die öffentlichen Einkommen liegt uns nach wie vor nicht vor, und zwar deswegen nicht, weil diejenigen, die Meldungen machen müssten, nicht dazu bereit sind, die Meldungen anonym machen beziehungsweise darüber hinaus auch noch dem Rechnungshof die Einschau verweigern. Es ist damit auch schon der Verfas­sungsgerichtshof und der Europäische Gerichtshof befasst, wobei vom Europäischen Gerichtshof die Meldung zurückkommt: keine Zuständigkeit.

Dieses Spiel der Verweigerung wird munter weiter gespielt, und damit, meine Damen und Herren, wird uns, dem Hohen Haus, dem Parlament ein wesentliches Kontrollin­strument genommen. Das ist meiner Meinung nach demokratiepolitisch sehr bedenk­lich. Und das nur deswegen, weil Institutionen wie zum Beispiel der ORF, wie zum Bei­spiel die Wirtschaftskammer nicht bereit sind, die Bezüge offen zu legen. Warum wohl?, stellt sich hier die Frage.

Nun aber zum Einkommensbericht, zum durchschnittlichen Einkommen der Österrei­cherinnen und Österreicher. Hier finden sich hochinteressante Aussagen, wie ich be­reits gesagt habe. Wissen Sie eigentlich, wer bei Arbeitern und Angestellten in Öster­reich die niedrigsten Einkommen erhält? – Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gastgewerbe haben die niedrigsten Einkommen. Wissen Sie eigentlich, wer bei den Selbständigen am besten abschneidet? – Bei den Selbständigen schneiden all jene gut ab, die sich im Gesundheitswesen selbständig gemacht haben. Na, wer wird das sein? – Ärzte, Veterinäre, Apotheker und Ähnliche.

Der Bericht dokumentiert auch sehr deutlich das Ergebnis einer Wifo-Studie, wonach die Lohnquote, die bis Anfang der achtziger Jahre gestiegen ist, seither kontinuierlich zurückgeht. Im Gegensatz dazu – man höre und staune! – gibt es ein Ansteigen der Besitzeinkommen im gleichen Zeitraum um 263 Prozent, meine Damen und Herren, und ein Ansteigen der Gewinne um 170 Prozent. Was bleibt hier anderes übrig als der Schluss: Unselbständige Arbeit lohnt sich im wahrsten Sinne des Wortes nicht, selb­ständige Arbeit lohnt sich schon eher. Der wahre Geldsegen aber fließt dort, wo ohne Arbeit nur mehr Besitz verwaltet wird, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist auch genau die Einkommensschere, die immer wieder beklagt wird, zuungunsten derer, die wenig haben, zugunsten derer, die ohnehin schon viel haben. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Wie beim ÖGB!)

Meine Damen und Herren! Diese Schieflage wurde sehr deutlich bei der Armutskonfe­renz, die vor einigen Wochen in Salzburg stattgefunden hat. Das sind Zahlen, die Sie wahrscheinlich nicht interessieren, sie sollten Sie aber interessieren, denn dort wurde deutlich festgestellt, Herr Mitterlehner, dass es in Österreich eine Million Menschen gibt, die armutsgefährdet sind. Dort wurde deutlich festgestellt, dass es in Österreich 324 000 Menschen gibt, die von ihrem Einkommen aus einer 40-stündigen Wochen­arbeitszeit nicht leben können, und dass es 57 000 Menschen gibt, die von ihrem Arbeitseinkommen überhaupt nicht leben können. Der Teufelskreis, in den diese Men­schen kommen – schlechterer Bildungszugang, schlechter Zugang zu Gesundheitsein­richtungen, schlechter Zugang zum Arbeitsmarkt – ist wirklich eklatant und eines Staa­tes wie Österreich nicht würdig. Dahinter steht, dass die Arbeitslosigkeit bei Alt und Jung ständig ansteigt. – Eine Entwicklung, meine Damen und Herren, der durchaus entgegengewirkt werden muss, und zwar nachhaltig und sofort. (Abg. Dr. Mitterlehner: Sofort enteignen!)

Was macht die Bundesregierung? – Nichts, das glaube ich nicht. Sie macht schon etwas: Sie vergeudet Milliarden Euro für Kampfjets, die niemand will. Sie verscherbelt unseren Musterbetrieb, die VOEST, sie verscherbelt die Post, die Telekom. Sie schickt ältere Arbeitslose als Bittsteller in die Sozialhilfe und damit in die Altersarmut. Sie ver­spricht Steuersenkungen, die sich diejenigen, die sie bekommen, durch Steuer- und


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