Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 28. Sitzung / Seite 225

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Ich möchte nicht, dass der Herr Präsident nervös wird, wenn ich jetzt schon an meine Sechs-Minuten-Grenze schramme, daher möchte ich jetzt nur eine kurze Überschrift nennen: Public Relations der Bundesregierung und Realität. – Mir gefällt jedenfalls die Rede von Broukal um einiges besser als jene der Abgeordneten der Regierungspar­teien, denn er hat die Wahrheit gesagt. Er hat das gesagt, was die Universitäten nach außen tragen mussten, um gehört zu werden. Dass es sich so verhält, dass man manche Dinge verschärfen muss, um überhaupt noch ans Ohr der Regierungsparteien zu gelangen, ist ein anderer Kaffee. Aber im Wesentlichen stimmen diese Diagnosen, und zwar ziemlich haarscharf.

Wenn man sich ansieht, was mit den Studiengebühren und den Reaktionen darauf ge­schehen ist, dann kann man feststellen, dass man versucht hat, die negativen Auswir­kungen irgendwie zu dämpfen. Schauen wir uns das aber einmal genau an: Die Zahl der BeihilfenempfängerInnen ist bei mindestens 190 000 bis 200 000 Studierenden um satte 4 000 gestiegen. Der Prozentsatz ist allerdings deutlicher – da hat Frau Bundes­minister Gehrer Recht –, aber Prozentsätze haben natürlich die Eigenschaft, zu stei­gen, wenn die Zahl der Gesamtsumme der Studierenden sinkt. Und nach der Einfüh­rung der Studiengebühren haben wir plötzlich ...

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Stummvoll! Im Plenum ist Telefonie­ren nicht erlaubt!

 


Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (fortsetzend): Vielleicht wollte er meine Daten überprüfen. Es sind in etwa 195 000 Studierende – ich habe das nicht nur über den Daumen gerechnet –, und wenn 45 000 Studierende nach Einführung der Studienge­bühren aus den Universitäten ausgeschieden sind, die man nicht global als Kartei­leichen bezeichnen kann, dann steigt natürlich bei gleich bleibender Ausschüttung die Prozentzahl der BeihilfenempfängerInnen.

Was aber war der Grund? In einer Studie von Kolland in Wien, die auch vom Bundes­ministerium in Auftrag gegeben wurde, geben 36 Prozent als Grund für den Abbruch des Studiums die Unvereinbarkeit von Studium und Arbeit an. Und diesbezüglich hat die Regierung wirklich einen Meilenstein gesetzt, denn noch nie mussten so viele Stu­dierende arbeiten, um sich das Studium und ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie haben nicht gearbeitet, um auf eine Jacht oder auf ein Cabrio anzusparen, wie manche zynisch meinen! Das ist es nicht! 34 Prozent geben für ihren Abbruch und ihr Abgehen von der Uni die Studiengebühren an.

Wenn man sich dann anschaut, wer durch die Studiengebühren letztlich zur Ader gelassen wird, dann hat Gehrer natürlich auch Recht, dass nämlich jene, die jetzt schon Beihilfen empfangen, diese Studiengebühren letztlich rückerstattet bekommen beziehungsweise nicht zahlen müssen. Da aber die Bemessungsgrundlage der Eltern der Studierenden nicht nach oben angehoben wurde, kommt jetzt der Mittelstand zum Handkuss, abgesehen von Angehörigen der Gruppe des untersten Einkommensdrit­tels, die gerade nicht mehr StipendienbezieherInnen sein können.

Das heißt, die Opposition malt nicht schwarz–weiß, wie immer von der Regierung ge­sagt wird, sondern sie gibt halt das wieder, was Realität ist, und zwar mit all ihren Ecken und Kanten, und deren gibt es zahlreiche. Ich konnte nur einige aufzählen.

Brinek hat gesagt, dass der Status quo erhalten blieb, und das ist vielleicht auch schon der Verdienst dieses Studienförderungsgesetzes, weil man heutzutage bereits froh sein muss, wenn nicht alles schlechter wird. Es stimmt: Es sind keine Verschlechterun­gen durch dieses Gesetz zu verzeichnen, aber das ist ein bisschen wenig für dieses so selbstbewusst vorgetragene Regierungsprogramm, angesichts dieser wirklich per­severierend vorgebrachten Phrasen von „Weltklasse“, „Nobelpreisträger“, „aus dem


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite