Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 29. Sitzung / Seite 123

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Vergabekriterien während des laufenden Verfahrens, der Änderung der Stückzahl, ohne ein Anbot der anderen Anbieter einzuholen, dem umstrittenen Ausscheiden eines Anbieters, der hohen, nicht absehbaren Belastung des Bundesbudgets, dem Unter­zeichnen des Vertrages ohne gesetzliche Grundlage, die in Rechtskraft gewachsen ist, dem Nichtabwarten des vom Bundesminister für Landesverteidigung verlangten Rechnungshofberichtes und daraus resultierenden Schadenersatzansprüchen gegen­über der Republik Österreich – tragen die volle rechtliche und politische Verantwortung alle Mitglieder der Bundesregierung, insbesondere aber der Bundesminister für Landesverteidigung und der Bundesminister für Finanzen.

Unter Berücksichtigung der genannten Vorwürfe und auch im Hinblick darauf, dass die beiden Minister dem Nationalrat über Fragen in diesem Zusammenhang in vielen Fällen keine oder eine unvollständige Auskunft gegeben, in manchen Fällen nach­weisbar die Unwahrheit gesagt haben, ist ihnen das Vertrauen vom Nationalrat zu versagen.

Für den Bundesminister für Finanzen gelten über die Causa Kampfflugzeuge hinaus noch weitere Bedenken, die in dieser Dringlichen Anfrage wiedergegeben werden und so schwerwiegend sind, dass sie schon für sich alleine auch Grund für das Versagen des Vertrauens sind.

III. Dubiose Netzwerke des Finanzministers

ÖIAG/MAGNA/Rückkehrrecht:

Besonders aufklärungsbedürftig erscheint der Umstand, dass gerade der Finanz­minister als Eigentümervertreter der ÖIAG angeblich keine Kenntnis über das soge­nannte „Projekt Minerva“ hatte. Dementsprechend unklar gestalteten sich auch die Erklärungen des Finanzministers gegenüber der Presse. Noch am 24.6.2003 erklärte Grasser in der Tageszeitung „Kurier“, dass es keinen Verkauf der VOEST-ALPINE an Magna geben werde und er eine „österreichische Lösung“ wolle. Zwei Tage später, am 26.6.2003, berichtet die Austria Presse-Agentur, dass für Grasser der Magna-Konzern ein möglicher Käufer der VOEST-ALPINE sei.

Dieser Meinungsumschwung des Finanzministers beruht offensichtlich auf seinem Rück­kehrrecht zum Magna-Konzern. Mit seinem Eintritt in das Kabinett Schüssel I wurde zwischen dem Magna-Konzern und Grasser eine in den Medien als „Rück­kehrrecht“ bezeichnete Vereinbarung abgeschlossen. Unklar blieb bisher, ob es sich bei diesem Vertragsverhältnis um eine Karenzierung seines Dienstvertrages handelt, oder ob damit eine Wiedereinstellungszusage durch Magna abgegeben wurde. Mit 30.6.2003 erklärte Grasser, dass er auf sein Rückkehrrecht zu Magna verzichte, stellte aber nicht klar, wie dieser Verzicht formal durchgeführt wurde.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass auch bei einem rechtlich wirksamen, einseitigen Verzicht auf ein vereinbartes Rückkehrrecht Grasser jederzeit wieder vom Magna-Konzern beschäftigt werden könnte.

Rechtlich interessant sind jedoch die Folgen seines einseitigen Verzichtes auf ein vereinbartes Rückkehrrecht:

Bei einer Karenzierung würde diese Vorgangsweise zur Auflösung dieses Dienstver­trages führen und es wären zwischenzeitlich entstandene Ansprüche aus dem Dienst­verhältnis (z.B. Abfertigung, Teilnahme an Incentive-Programmen, Beendigungsan­sprüche) an den Finanzminister auszuzahlen. Durch diese Ansprüche würden weitere Unvereinbarkeiten entstehen. Unklar blieb bisher, ob der Finanzminister den parlamentarischen Unvereinbarkeitsausschuss über seine Vertragsverhältnisse zum Magna-Konzern richtig informiert hat.

 


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