Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 29. Sitzung / Seite 235

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Diese Patientencharta ist an und für sich ein typisches Beispiel österreichischer Recht­sprechung. Die PatientInnenrechte sind in Österreich eigentlich sehr gut ausgebaut, das muss man bestätigen, aber das Problem liegt anderswo, nämlich darin, dass diese Gesetzesmaterie von PatientInnenrechten in diverse Kompetenzbereiche fällt, und zwar nicht nur des Bundes, sondern auch der Länder, sie ist auch im Ärztegesetz et cetera pp. zu finden, dass unter dem Strich im Prinzip österreichweit keine verbindliche Rechtssicherheit über die Rechte von PatientInnen existiert und diese Gesetzes­materie, da sie in verschiedensten Gesetzesbereichen niedergeschrieben ist, kaum lesbar ist und für Laien, aber, wie ich meine, auch für Fachkundige schwer aufzufinden ist, wenn man nach diesen Rechten fragt.

Dass so eine Querschnittsmaterie natürlich mehr an Übersichtlichkeit bedarf, ist klar, und da sind Patientenchartas durchaus eine Möglichkeit, diese zu schaffen. Aber Über­sichtlichkeit durch eine weiterhin zementierte und festgeschriebene Rechtsunsicherheit auf unserem Staatsgebiet zu erkaufen, halte ich zumindest nicht für die glücklichste Lösung, denn einheitliche PatientInnenrechte im Rahmen eines Bundesgesetzes hät­ten mehr Verbindlichkeit, und das kann ich schon erläutern.

Ich gebe zu, dass es Beamtinnen und Beamte des Ministeriums irrsinnig schwer ha­ben, sich gegen die föderalen Interessen der Länder bei ihrer Aufgabe, diese Ge­set­zes­materie zu vereinheitlichen, zu konzentrieren und zu bündeln, durchzusetzen, aber dass letztlich Resignation auf Befehl der Politik natürlich – Beamte sind ja wei­sungs­gebunden – zu solch einer Kompromissbildung führt, die nicht gut ist, das versuche ich Ihnen jedenfalls zu beweisen.

Die Chartas sind irgendwo ähnlich in ihrem Inhalt, allerdings stehen da Sachen drinnen wie menschenwürdige Behandlung et cetera pp., wo ich glaube, dass das in einem Rechts­staat eine Selbstverständlichkeit sein und nicht ausformuliert werden müsste. Wenn es ausformuliert wird, dann hätte ich es schon gern konkreter festgemacht. Wenn jetzt diese Kompetenzen dermaßen diversifiziert sind und die Verantwortung filettiert ist, dann kommt natürlich in diese Patientenchartas etwas hinein, was ich als reinen Appellcharakter und als Absichtserklärungen betrachte. Ich zitiere jetzt einen Satz aus der Tiroler Patientencharta: Die Vertragsparteien sollen sich verpflichten, die in der Charta angeführten PatientInnenrechte im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit sicherzustellen. Subjektive Rechte Einzelner können durch eine solche Vereinbarung allerdings nicht begründet werden. – Na bravo!

Irgendjemand muss etwas sicherstellen. Ist jemand betroffen, fühlt er sich durch die Rechte verletzt, kann er auf diese Charta aber nicht regressieren. – Da frage ich mich: Ist das das Gelbe vom Ei? Sie werden mir zustimmen, wenn ich sage: Nein!

Also wenn die Regierung der hellsten Köpfe bei der kleinsten Schwierigkeit klein beigibt, wenn Rechtssicherheit verlangt wird, wenn sie die Gleichbehandlung aller Bürgerinnen und Bürger in ihrer traurigen Rolle als PatientInnen nicht sicherstellen kann, sondern nur durch bloße Übersichtlichkeit und Lesbarkeit ersetzt, dann muss ich sagen: Dann ist das eine Bankrotterklärung! Manche munkeln aber, dass diese Re­gierung der hellen Köpfe nicht stärker strahlt als ein Kopfsteinpflaster bei Neumond, und das finde ich schon bedenklich, aber so hart sind Ihre Köpfe durchaus wie ein Kopf­steinpflaster. (Abg. Neudeck: Das muss man im Protokoll nachlesen!)

Ich bringe noch ein Beispiel, vielleicht verstehen Sie dann das mit den Köpfen und dem Kopfsteinpflaster besser: Die Vertragsparteien verpflichten sich, angemessene Leistun­gen auf dem Gebiet des Gesundheitswesens rechtzeitig sicherzustellen.

Bitte, was heißt „angemessen“? Wer definiert, was „angemessen“ ist? Könnte es sein, dass das bedeutet, dass eine Gesundheitslandesrätin das aus budgetären Gründen etwas billiger gibt? Könnte es sein, dass das heißt, dass der eine Charakter zeigt, der


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