Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 30. Sitzung / Seite 27

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15.03

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Wichtig ist, die Prioritäten neu zu setzen. Glauben Sie mir: Es ist mir das Verschieben – nicht das Absagen, sondern das Verschieben! – der notwendigen Steuerentlastung auf das Jahr 2004 nicht leicht gefallen, denn auch das war und ist ein Herzstück unseres gemeinsamen Regierungsprogramms.“ – Das hat Herr Bundeskanzler Schüssel vor rund einem Jahr anlässlich einer Sondersitzung hier im Nationalrat gesagt.

Er hat danach noch des Öfteren darauf hingewiesen, dass die notwendige Steuerent­lastung im Jahr 2004 kommen wird. Er hat auch mit Unterschrift an alle Österreiche­rinnen und Österreicher besiegelt, dass es im Jahr 2004 die große Steuerentlastung geben wird, und noch eine Woche vor der Nationalratswahl hat der Herr Bundes­kanzler gemeinsam mit dem Herrn Finanzminister erklärt, es werde erstens die Steuer­reform im Jahr 2004 geben und es werde zweitens jeder Erwerbstätige mit 1 000 € pro Jahr entlastet werden.

Herr Bundeskanzler, ich frage Sie: Was ist Ihre Unterschrift wert, wenn sie nicht einmal wenige Monate hält und Sie nun die notwendige Steuerentlastung für die Österreiche­rinnen und Österreicher nicht im Jahr 2004, sondern erst im Jahr 2005 durchführen wollen? (Beifall bei der SPÖ.)

Die budgetären Spielräume waren Ihnen im vergangenen Jahr genauso bewusst wie im heurigen Jahr. Es hat sich ja seit dem Wahltag im November des vergangenen Jah­res nichts Vergleichbares wie die Hochwasserkatastrophe ereignet. Daher stellt sich die Frage: Wieso lösen Sie Ihr Versprechen gegenüber der österreichischen Bevölke­rung nicht ein? Wieso verschieben Sie die notwendige Steuerentlastung auf das Jahr 2005 – vor allem in Anbetracht des Umstandes, dass es dringend notwendig ist, eine Entlastung der Wirtschaft herbeizuführen, einen wirtschaftlichen Impuls zu geben?

Ich glaube, die Zahlen sind Ihnen wohl vertraut. Wir haben im Jahr 2004 die höchste Steuer- und Abgabenlast, die Juli-Arbeitslosigkeit im heurigen Jahr umfasst um 50 000 Menschen mehr als noch vor drei Jahren und ist somit die höchste Juli-Arbeits­losigkeit in der Geschichte der Zweiten Republik. Wir haben sinkende Realeinkommen der österreichischen Bevölkerung zu verzeichnen. Österreich liegt bei den öffentlichen Investitionen an absolut letzter Stelle in der Europäischen Union. Was den wirtschaft­lichen Reichtum pro Kopf betrifft, fallen wir von Jahr zu Jahr zurück.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts solch einer wirtschaftlichen Situa­tion ist eine Politik der Tatenlosigkeit unverantwortlich. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Die Steuerreform darf nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden. Diese Forde­rung wird auch von vielen Teilen der österreichischen Wirtschaft unterstützt. So melden sich vor allem Manager aus dem Handel zu Wort und meinen, für das Konsumklima in Österreich bedürfe es rasch einer Entlastung der Durchschnittseinkommen. Andere wiederum sagen, die Einkommensteuer sei viel zu hoch. Wieder Andere sagen, für den Wirtschaftsstandort Österreich bestehe Handlungsbedarf. Es wird auch die Meinung vertreten, es bedürfe einer Entlastung der unteren Einkommen, denn das werde am meisten ausgabenwirksam sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Steuersenkung mit dem 1. Jänner 2004 ist ein Gebot der Stunde, um die Wirtschaft anzukurbeln und die Arbeitslosigkeit in Österreich zu senken. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

 


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