Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 30. Sitzung / Seite 28

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Einen sehr nachlässigen Zugang zur Steuerreform hat offensichtlich der Finanzminis­ter. Ich biete Ihnen zehn Tage Finanzminister Grasser und dessen Aussagen zur Steuerreform:

Am 3. März dieses Jahres hat er noch angekündigt: Wir führen die größte Steuerreform der Zweiten Republik durch! Am 9. März hat er gesagt: Garantie für eine Steuerreform gibt es nicht! Am 13. März hat er gesagt: Wir können der Bevölkerung nichts geben, was wir ihr nicht vorher bereits weggenommen haben! – Meine Damen und Herren! Ich glaube, der Finanzminister hat den Österreicherinnen und Österreichern genug wegge­nommen, sodass jetzt eine Steuersenkung auf der Tagesordnung stehen muss! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Sie haben angekündigt, das Jahr 2004 werde das Jahr der Ernte, das Jahr der Entlas­tung sein. Nach dem Beschluss des Budgets, nach den Pensionskürzungsreformen stellt sich jedoch heraus, dass das Jahr 2004 alles andere als ein Jahr der Entlastung für die Bürger sein wird. – Ganz im Gegenteil: Es wird ein Jahr der massiven Zusatz­belastungen sein. Die Österreicherinnen und Österreicher werden im nächsten Jahr noch weniger in der Tasche haben, als das im Jahre 2003 der Fall war.

Es stellt sich überhaupt sehr oft heraus, Herr Finanzminister, dass das genaue Gegen­teil von dem passiert, was Sie angekündigt haben. Als Sie Finanzminister wurden und Österreich in Bezug auf die Wirtschaftskraft auf Platz 4 in der EU gestanden ist, haben Sie angekündigt, Top 3 werden zu wollen. Seit Sie das gesagt haben, ist Österreich in Bezug auf die Wirtschaftskraft pro Kopf auf Platz 8 in der Europäischen Union zurück­gefallen. (Oh-Rufe bei der SPÖ.)

Sie haben angekündigt, die Steuer- und Abgabenquote auf 40 Prozent senken zu wollen. – In der Zwischenzeit ist sie auf 45,6 Prozent angestiegen.

Sie haben angekündigt, eine Vollbeschäftigungspolitik machen zu wollen. – In der Zwi­schenzeit ist die Zahl der Arbeitslosen in den letzten drei Jahren um 50 000 ange­stiegen.

Herr Finanzminister! Wenn man sich diese Bilanz ansieht, dann muss man sich schon die Frage stellen: Was bedeutet Ihre Ankündigung, Sie wollen die „größte Steuerreform aller Zeiten“ machen? – Wenn das so weitergeht, dass immer das Gegenteil von dem eintritt, was Sie ankündigen, dann muss ich heute schon den Österreicherinnen und Österreichern empfehlen, ihre Geldbörseln festzuhalten, denn nach der Vorgangsweise des Finanzministers Grasser bedeutet das wahrscheinlich wieder einen tiefen Griff in die Geldtaschen der Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die ÖVP bringt immer zwei Argumente vor, wieso eine Steuersenkung mit 1. Jänner 2003 nicht ginge beziehungsweise nicht richtig wäre. Herr Staatssekretär Finz sagt, das gehe sich zeitlich nicht mehr aus. – Um Ihnen ein bisschen auf die Sprünge zu helfen, haben wir Sie heute hierher ins Hohe Haus eingeladen, damit Sie etwas früher an der Steuersenkung zu arbeiten beginnen können, als Sie es vielleicht vorgehabt haben, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Zweiten sagt die ÖVP, eine Steuersenkung dürfe nicht auf Pump finanziert werden. – Dazu gibt es eine Reihe interessanter Meinungsäußerungen von kritischen österreichischen Journalisten, wie zum Beispiel im „Kurier“ von vergangenem Sonntag von Peter Rabl, der Folgendes schreibt:

„Die Steuersenkung dürfe nicht 2004 mit neuen Schulden finanziert werden, argumen­tierte die ÖVP und ihr treuer Knappe Haupt. Dass auch ein Jahr später jeder Euro an Entlastung auf Pump finanziert werden muss, wird schamhaft verschwiegen.

 


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