Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 30. Sitzung / Seite 82

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deklarieren, sodass die Fertigung des Jeep-Grand-Cherokee-Nachfolgers zu den Kom­pensationen zählen soll. Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der zwischen der Bundes­regierung und EADS möglicherweise abgeschlossenen Gegengeschäften liegt ein Gut­achten eines Wiener Rechtsanwaltes, einer Vergaberechtsexpertin und eines Salzbur­ger Europarechtsprofessors vor, wonach Gegengeschäfte aus dem Eurofighter-Deal gegen geltendes EU-Recht verstoßen könnten und die Republik auf Schadenersatz geklagt werden könnte.

Das durch möglicherweise entstehende Gegengeschäfte meistbegünstigte Unterneh­men, der MAGNA-Konzern, war der frühere Arbeitgeber von Finanzminister Karl-Heinz Grasser, diesem ist auch ein Rückkehrrecht zu seinem früheren Arbeitgeber einge­räumt. Auch wurde bekannt, dass der Ehegatte von Vizekanzlerin Riess-Passer, Mi­chael Passer, einen Konsulentenvertrag mit dem MAGNA-Konzern abgeschlossen hat.

Auffällig an dem Beschaffungsvorgang ist auch, dass die Typenentscheidung immer wieder aus nicht transparenten Gründen verschoben wurde. Bekannt wurde jedoch, dass es wie bei der Beschaffung von Radargeräten der Firma Thomson zur Interven­tion gekommen ist. Bisher blieb die Tatsache unbestritten, dass sich der CSU-Kanzler­kandidat Stoiber an Bundeskanzler Schüssel gewandt hat, um für das Produkt Euro­fighter zu intervenieren. Die Achse bayrische CSU und ÖVP war auch Gegenstand einiger Untersuchungsausschussanträge betreffend eventueller Zahlungen von „nütz­lichen Aufwendungen“ im Zusammenhang mit der Beschaffung von militärischem Ge­rät, die jedoch bisher von der FPÖ/ÖVP-Mehrheit abgelehnt wurden.

Mit 17.2.2003 verlangt plötzlich der 3. Nationalratspräsident Thomas Prinzhorn eine Neuausschreibung zur Beschaffung von Abfangjägern, da nach seinen Aussagen ein neues Anbot des Bieters SAAB vorliege, wonach eine Ersparnis von 700 Millionen Euro gegenüber dem EADS-Gerät erzielt werden könne. Prinzhorn dazu wörtlich: „Wenn es trotz des neuen Angebots von SAAB beim Eurofighter bleibt, dann muss es Neuwahlen geben“.

Vollkommen unklar ist bis heute die Rechtsfrage, inwieweit sich die Republik Öster­reich, vertreten durch die betroffenen Ressortminister, bereits gegenüber dem EADS-Konsortium zum Kauf von Abfangjägern verpflichtet hat. Ebenso blieben Fragen hin­sichtlich bestehender Rücktrittsmöglichkeiten bzw. Schadenersatzfolgen eines Rück­trittes vom abgeschlossen (Vor)vertrag vollkommen unbeantwortet.

Die von Bundeskanzler Schüssel vorgeschlagene Wirtschaftsplattform, die eine Finan­zierung durch ein privates Konsortium vorbereiten soll, hat bisher überhaupt keine Aktivitäten gesetzt bzw. ist deren Existenz unklar. Zum momentanen Zeitpunkt ist die gesamte Finanzierung der Eurofighter-Beschaffung und die einer möglichen Zwischen­lösung nicht geregelt. Bundesminister Platter verweist auf ein noch zu beschließendes Ankaufsgesetz. Auch existieren keine Vorbelastungen ab dem Jahr 2005 für den Abfangjägerankauf bzw. eine Zwischenlösung. Laut Bundes-minister Platter kann über eine Zwischenlösung erst ab Abschluss des Kaufvertrages über die Abfangjäger ver­handelt werden. Damit bleibt der status quo vom Oktober 2002: Es existiert keine finanzielle Vorsorge für den Ankauf, ebenso finden sich nicht die geringsten Anhalts­punkte für eine Vorfinanzierung der Abfangjäger durch eine Wirtschaftsplattform.

Selbst der Chef der Sparte Militärflugzeuge des Eurofighter-Produzenten EADS, Aloysius Rauen, geht öffentlich davon aus, dass „nirgendwo mehr gelogen wird, als bei Gegengeschäften und bei Beerdigungsreden“ (Salzburger Nachrichten vom 22.7.2002).

Der Kaufvertrag für die Eurofighter wurde am 1. Juli 2003 von Bundesminister Platter unterzeichnet. Dies, obwohl die Rechtsgrundlage (Budgetbegleitgesetz 2003) nicht in


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