Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 29

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15.35

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Finanzminister hat zwar nicht die Fragen, die an ihn gestellt wurden, beantwortet, aber er hat einen interessanten Einblick geboten. Er hat uns heute mitgeteilt, dass sein wirtschaftspolitisches Verständnis auf dem Niveau des Jah­res 1927 stehen geblieben ist, und genau so sieht seine Politik auch aus! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Im Übrigen hat der Herr Finanzminister über etwas geredet, was überhaupt nicht zur Debatte steht. Er hat so getan, als ob der Staat 100 Prozent an der voestalpine be­sitzen würde und wir heute darüber diskutierten, ob es eine Privatisierung gibt oder nicht. (Abg. Dr. Fekter: Die Mehrheit hat die SPÖ verkauft!) Das ist völlig falsch. Die Wahrheit ist, dass 65 Prozent der voestalpine heute in privater Hand und nicht ganz 35 Prozent in öffentlicher Hand sind. (Abg. Dr. Fekter: Durch die SPÖ verkauft!) Und dieses Mischverhältnis war die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg der voest­alpine, war die Grundlage für den Aufstieg zu einem der erfolgreichsten Stahlunter­nehmungen in ganz Europa. Und dieser Weg hat sich bewahrheitet, Herr Finanzminis­ter! Für das, was Sie vorschlagen, gibt es keinen Beweis! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie sagen, Totalprivatisierung sei eine Fortsetzung der Teilprivatisierung. Das ist völlig falsch, denn das bisherige Eigentumsverhältnis hat zwei Dinge garantiert: erstens, dass es zu keiner feindlichen Übernahme auf Grund dieser Sperrminorität kommen kann, das heißt, das Unternehmen ist stabil, und zweitens ist durch die private Be­teiligung der Druck vorhanden, Gewinne zu erwirtschaften und das Unternehmen auf dem modernsten Stand zu halten. Was Sie nun vorschlagen und vorhaben, ist, dass die Stabilitätssäule der Voest wegbricht und nur mehr danach vorgegangen wird, ob Aktionäre damit mehr oder weniger große Kursgewinne erzielen werden.

Herr Finanzminister! Das mag für einen künftigen Aktienbesitzer der voestalpine außer­ordentlich angenehm sein, aber für den Wirtschaftsstandort Österreich, für die Be­schäftigten und für die gesamte Zulieferindustrie ist das absolut keine Garantie für eine gute Zukunft. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie loben so die Rolle von Finanzinvestoren. – Herr Finanzminister! Ich weiß nicht, wie Sie sich damit beschäftigt haben, aber ein Finanzinvestor kauft gewisse Aktientitel mit einer ganz klaren Zielsetzung: Wenn die Aktienpreise steigen und ein höherer Kurs für ihn erzielbar ist, dann wird dieser Finanzinvestor diese Aktien wieder veräußern, weil es seine Grundzielsetzung ist, eine bessere Verzinsung seines eingesetzten Kapitals zu haben. (Abg. Dr. Stummvoll: Das ist falsch! Er will eine Dividende haben!) Daher ist völlig klar, sollte in zwei Jahren ...

Herr Stummvoll! Ich weiß, dass Sie vielleicht einer derjenigen sind, die persönlich davon profitieren, aber die Beschäftigten im Unternehmen werden leider nichts davon haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Versuchen Sie nicht, die Illusion zu erzeugen (Abg. Ellmauer: Das ist billige Polemik!), dass Sie die voestalpine verkaufen und gleichzeitig weiter Eigentümer sein können, denn all das, was Sie uns hier erzählt haben: Halten der Entscheidungszentrale in Österreich, Ausbau von Forschung und Entwicklung und so weiter und so fort, ist nur ein Wunschzettel an die künftigen Eigentümer der voestalpine. Diese haben keinerlei Verpflichtung, sobald sie Eigentümer der voestalpine sind, sich an diese Wunschzettel zu halten. Daher sind Ihre Garantieerklärungen nichts anderes als matte Absichts­erklärungen, die Sie dazu verwenden, um über den oberösterreichischen Landtags­wahlkampf zu kommen. Das ist unehrlich, meine sehr verehrten Damen und Herren! Schämen Sie sich! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

 


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