Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 32. Sitzung / Seite 177

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Das entsprechende Dokument wurde verteilt. Eine Verlesung ist daher nicht erforder­lich.

Wir gehen in die Debatte ein.

Der Erstredner erhält 10 Minuten Redezeit.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

 


17.28

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Wir haben diese Anfrage eingebracht, weil es sich um einen sehr sen­siblen Bereich handelt, nämlich um die Frage: Wie gehen wir mit Menschen am Ende ihres Lebens um?

Ich will auch dieses Thema hier sehr behutsam angehen. Ich selber bin als Hausarzt tagtäglich mit dieser Frage konfrontiert. Ich habe auch mit dem Pflegeheim Lainz Er­fahrungen. Ich hatte einen Bruder mit einem Hirntumor. Dieser musste fünf Jahre lang dort gepflegt werden. Ich muss ganz ehrlich sagen: In diesen fünf Jahren ist er, obwohl er völlig steif war, so gut gepflegt worden, dass er kein einziges Mal wund gelegen ist. Ich finde, das war sicher eine Weltklasseleistung. Man muss den vielen Pflegekräften in Wien, die sehr gute Arbeit leisten, hier ein großes Danke sagen. (Allgemeiner Bei­fall.)

Ich wohne direkt beim Pflegeheim Lainz, das jetzt Geriatriezentrum Wienerwald heißt, und ich weiß sehr genau, dass dort sehr, sehr viel Gutes getan wird. Es sind dort eine neue Demenzstation, eine Rehabilitationsabteilung und eine sehr gute Akutgeriatrie eingerichtet worden. Wir müssen aber trotzdem schauen, wo die Probleme liegen. Es gibt zuerst ein prinzipielles Problem.

Das prinzipielle Problem ist, dass die Pflege eine enorme Belastung ist. Diese wird vor allem von Frauen geleistet, die oft körperlich, aber auch psychisch total überfordert sind. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Präsident! Man hört fast überhaupt nichts!) Beden­ken Sie einmal, wie es ist, wenn Sie auf einer Alzheimerstation 37 schwerst Demente oder schwerst Parkinsonkranke oder Schlaganfallpatienten betreuen müssen! Und bedenken Sie: Oft gibt es keine Aussicht auf Heilung, oft erfolgt ein weiterer Abbau. Da wundert es dann oft gar nicht, dass Pflegepersonal eher in andere Bereiche ausweicht. Ganz schlimm ist es, wenn Posten nicht besetzt werden, denn das führt automatisch zu einer Überbelastung des verbliebenen Pflegepersonals. Mich wundert nicht, dass bei diversen Studien als Ergebnis herauskommt, dass es gerade auf diesen Stationen ein hohes Burn-out-Risiko gibt.

Im Zusammenhang mit den Vorfällen in Lainz ist es aber keine Lösung, wenn man jetzt ein Noch-Mehr an Dokumentation fordert. Damit vernichtet man sehr wertvolle Zeit für die Betreuung des Patienten – heute sind das hiefür schon bis zu 30 Prozent –, wenn man nur mehr dokumentiert. Ich dokumentiere Ihnen alles, aber wichtig wäre eigentlich mehr Zeit, mehr Zuwendung in unserem Gesundheitswesen, in unserem Pflegesystem.

Es ist jedoch gerade bei den Vorgängen in Lainz die Frage nach der politischen Ver­antwortung zu stellen. Ist das wirklich gute Führungsqualität, wenn man weiß, dass 70 Posten nicht besetzt sind, aber einfach nichts dagegen getan wird? Ist das wirklich gute Führungsqualität der hiefür zuständigen Stadträtin, wenn zwar ein sehr guter Plan gemacht wird, dieser jedoch zwei Jahre lang – ohne irgendeine Diskussion – in einer Lade verstaubt? Ebenso ist die Frage nach der Kontrolle zu stellen, und zwar auch im Interesse derer, die sehr, sehr gute Arbeit leisten, denn diese haben es sich nicht verdient, mit weniger gut Arbeitenden in einen Topf geworfen zu werden. Aber natür­lich: Schwarze Schafe gibt es überall.

 


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