Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 32. Sitzung / Seite 257

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Zunächst zu Herrn Kollegen Scheibner: Eigentlich bräuchten wir – oder vielmehr Sie – ja einen regierungsinternen Untersuchungsausschuss, denn wenn ich mich recht erin­nere, waren es FPÖ-Minister, die mehr oder weniger verzweifelt am Tag des so ge­nannten Privatisierungsbeginns in die ÖIAG-Zentrale gepilgert sind, mit Rechtsmeinun­gen, die, wie ich meine, überhaupt nicht so abwegig waren. Da wurde vom Herrn Vizekanzler behauptet, der ganze Regierungsbeschluss kann nur darin enden, dass 25 Prozent bei der ÖIAG bleiben müssen. (Abg. Dr. Matznetter: So ist es!) Diese Mei­nung hätte ich zwar nicht geteilt ... (Abg. Scheibner: Hat er nicht gesagt!) – Natürlich hat er das gesagt! Das hat er zwar zur Überraschung aller gesagt, das gebe ich zu, aber er hat es gesagt. (Abg. Scheibner: Er hat gesagt: Wenn es nicht möglich ist, die 25 Prozent ...!)

Jetzt werden Sie sich einmal darüber einigen müssen, was Sie da für eine Linie ein­schlagen. Gerade belobigen Sie die ÖIAG-Einflussnahme über die Wandelanleihe wie­der, während fünf Sekunden vorher derselbige Einfluss ganz schlecht war. – Das müs­sen Sie jetzt wirklich einmal intern klären, wie Sie das auf die Reihe bekommen wollen.

In einem Punkt ist Ihre Verwirrung jedoch nachvollziehbar. Die Verwirrung wurde näm­lich gegen die Stimmen der Opposition in das Privatisierungsgesetz, in das ÖIAG-Ge­setz, hineingeschrieben: sich widersprechende Ziele, alle – weil sie schön klingen – aneinandergereiht. – So hat das Unglück seinen Lauf genommen.

Natürlich kann das Parlament gegen den Gesetzgeber keinen Untersuchungsaus­schuss einsetzen, da gebe ich Ihnen Recht. Aber man hätte auch mit sich widerspre­chenden Zielen noch gescheiter privatisieren können. Herr Kollege Mitterlehner! Sie müssen das aber jetzt einmal aufklären und ausbaden, wieso mit Ihrer Stimme einer­seits hineingeschrieben wird, es sollen maximale Erlöse erzielt werden, und anderer­seits alles, was sonst noch gut und teuer ist, nämlich Kernaktionär, Zentrale in Linz, Forschung und Entwicklung.

Natürlich widerspricht sich das – darauf haben wir Sie ja hingewiesen! –, und jetzt wollen Sie mit den gleichen Argumenten der SPÖ den Untersuchungsausschuss aus­reden. Also, von einer Wirtschaftspartei dürfte man sich mehr an Gegenargumenten erwarten!

Jedenfalls hätte es auch anders gemacht werden können, und an dieser Stelle disku­tieren wir nicht mehr pro oder contra Privatisierung, sondern wie es gemacht wurde und wer dafür die Verantwortung trägt – und darin liegt die Begründung für einen Untersuchungsausschuss.

Alle Privatisierungen haben gewisse Mängel, aber jetzt kulminiert die Sache, auch bei der VA TECH. Addieren Sie die Summen, die man hier, je nach Standpunkt, als verlo­ren annehmen kann, die Summen, die durch falsche Vorgangsweisen verloren gingen. Und das sagen ja nicht nur die Grünen oder die SPÖ, sondern viele Experten sagen: falsche Vorgangsweise, falscher Zeitpunkt und, noch viel dramatischer, falsche Zeit­spanne, falsche Abwicklung der Privatisierung. Und da ist unmittelbar eine politische Verantwortung gegeben, denn es glaubt doch wohl niemand, der beobachtet hat, wie sich das abspielt zwischen Finanzministerium und Kantgasse, dass die dort noch völlig autonom wirken konnten. Das kann ja niemand glauben! Man müsste diese Manager ja eigentlich über Nacht hinausschmeißen.

In Wirklichkeit gehört der Herr Finanzminister belangt dafür, denn er hat ja in dieser Art und Weise hineinregiert – in dieser Art und Weise! Und deshalb geht es um die poli­tische Verantwortung, und „Finanzminister“ ist vielleicht auch die falsche Bezeichnung. Zumindest im Zusammenhang mit Privatisierungen ist das ein Ministerium für die Herbeiführung diverser Großschäden, und das offensichtlich mit Absicht. In meinen


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