Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 22

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an und für sich eine Klage, die die eigene Altersversorgung in Frage stellt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die Bevölkerungsentwicklung ist also nicht linear, sondern dynamisch. Würde nur – und das wäre ja an sich sehr erfreulich – die Lebenserwartung steigen, wäre es ganz einfach: Wir müssten vielleicht ein bisschen bei der Lebensarbeitszeit nachjustieren, viel­leicht auch die Pensionen ein bisschen reduzieren – alles relativ einfach. Der eigentliche Zündstoff ist aber die Frage der Zusammensetzung der Bevölkerung, ihrer Struktur! Diese Erkenntnis hat sich offenbar noch nicht jeder zu Eigen gemacht, denn sonst könnte es nicht zu so einfachen Lösungsvorstellungen kommen.

Die Gesellschaft wird sich massiv verändern, wenn es immer weniger Junge und im­mer mehr Alte gibt! Dass das eine massive Auswirkung auf die sozialen Einrichtungen hat, das hat jetzt jeder erkennen müssen – allerdings erst zu jenem Zeitpunkt, als es schlagend geworden ist. Man hätte das auch schon vor 30 Jahren wissen können: Man hat immer gewusst, dass der geburtenstärkste Jahrgang des Jahrhunderts, nämlich der Jahrgang 1940, im Jahr 2000 in Frühpension gehen und im Jahre 2005 regulär in Pension gehen wird. Man hätte also ganz genau wissen können, was passieren wird: Im Jahr 2000 wird man massiv eingreifen müssen, und wenn man es 2005 nicht noch einmal machen will, dann muss man vorher schon etwas tun. Es handelt sich da um keine Voraussagen oder Prognosen, sondern um statistische Gewissheiten. Dennoch ist das bis jetzt ignoriert worden. Erst dann, als es schlagend geworden ist, hat man reagieren müssen.

Ähnlich wenig verantwortungsbewusst verhalten sich viele jetzt bei den Schluss­folge­rungen daraus, nämlich dass demographische Entwicklungen politische Konzepte nach sich ziehen müssen. Man versucht jetzt alles, nur eines nicht, nämlich es irgendwie zustande zu bringen, dass die Bevölkerungsstruktur wieder ausgeglichen wird. Da wird einmal vorgeschlagen, man müsse die Produktivität steigern: Viel Glück dabei! In einer alternden Gesellschaft ist ja die Nachfrage eine ganz andere. Es ist mittlerweile unbe­stritten, dass gerade alternde Gesellschaften natürlich auch massiv gedämpfte Wirt­schaftswachstumsraten nach sich ziehen werden. Das ist ja eigentlich auch leicht ver­ständlich: Den Wirtschaftsstandort Seniorenheim, den wird es einfach nicht geben.

Man hat auch damit zu rechnen, dass die Arbeitslosigkeit steigen wird, weil auch viel weniger dynamische junge Leute, die bereit sind, Arbeitsplätze zu schaffen, vorhanden sein werden. Man wird sich darauf einstellen müssen, aber man wird keinesfalls sagen können, dass man mit einer gesteigerten Produktivität – die sich nicht abspielen wird; sie hat sich ja auch in den letzten zehn Jahren nicht abgespielt, obwohl davon immer die Rede war – den Ausfall an Jungen kompensieren könnte.

Oder aber es gibt die Vorstellung: Machen wir es eben dann, wenn es wenige Beitrags­zahler gibt, steuerfinanziert! – Gerade das Steueraufkommen wird natürlich bei einer Bevölkerung, in der sich immer mehr Leute im Ruhestand und immer weniger im Er­werbsleben befinden, massiv sinken.

All das sind keine Lösungen, und das sollten wir hier auch zur Kenntnis nehmen. Wir können nicht, so wie wir das Problem zuerst jahrzehntelang ignoriert haben, jetzt wie­derum jahrzehntelang falschen Lösungen anhängen, weil sie uns ideologisch sehr gut gefallen. Da müsste man sich schon fragen, wie naiv und wie unrealistisch ein Politiker sein darf, dass man ihn nicht unverantwortlich nennen muss.

Die am nächsten liegende Lösung, nämlich die Rahmenbedingungen für Familien so zu verbessern, dass jeder, der Kinder haben möchte – ich sage nicht, dass jeder Kin­der haben muss! –, sie auch haben kann, diese nahe liegende Lösung werden wir ins Auge fassen müssen.

 


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