Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 160

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Was heißt denn das? – Überlegen wir uns einmal: Welche Schüler gehen denn in wohl situierte Schulen und welche in weniger wohl situierte Schulen? Genau das Bild ist es: Das hängt von der Wohngegend ab. Das hängt davon ab, wo man hineinkommt. Der Punkt ist: Das ist drastisch in Österreich. Aber Sie weigern sich seit Jahren, das irgendwie wahrzunehmen und nehmen dann noch ein Zitat – das im Übrigen auch noch logisch ist; das ist nämlich die Folge davon –: Es kommt darauf an, in welche Schulen man geht. Davon hängt die Chance ab. Es ist dann weniger wichtig, ob ich aus einer besonders guten familiären Situation komme oder nicht, sondern es ist wichtig, in welche Schule ich komme. Das prägt in Österreich.

Schauen Sie Skandinavien an. Da sagt Ihnen Dr. Schleicher, Sie können in Finnland Ihr Kind in jede Schule schicken, die Bildungschancen werden gleich sein. Das ist es, wohin wir wollen. Wir wollen nicht, dass die sozialen Verhältnisse dermaßen aus­schlag­gebend sind, was die Schulen betrifft, wie das in Österreich nach wie vor der Fall ist. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nächster Punkt: Ganztagsschulen. Da gibt es durchaus ein bisschen eine Differenz zur SPÖ. Ich meine, ich verstehe den pragmatischen Ansatz. Mit dieser Bildungsministerin wird der Wechsel in ein Ganztagsschulsystem schwer möglich sein. So weit ver­ständigen wir uns schon.

Kollegin Rossmann redet etwas von einer Unterrichtszeit von 7 bis 19 Uhr, und dann darf man dazwischen irgendetwas machen. Das erinnert mehr an ein Gefängnis mit Freigehzeiten, wenn man 15 Stunden am Tag für die Schule unterwegs ist. Das hat mit einem Ganztagsschulmodell, wie wir es verstehen, eigentlich nicht wirklich etwas zu tun. Der Punkt ist ja, dass es darum geht, nicht nur zu betreuen, sondern päda­gogische Reformen durchzusetzen.

Das habe ich nach wie vor nicht verstanden, wie das in Ihrem Modell aussehen soll. Der eine Teil bleibt bis zu Mittag in der Schule – da ändert sich überhaupt nichts; nach wie vor gibt es da 50-Minuten-Blöcke, ohne jeden Zusammenhang –, dann gibt es einen Teil, der bleibt in der Schule. Dort gibt es offenbar keinen Fernseher, deswegen geht es den Schülern besser, wie Kollegin Rossmann gemeint hat. Der andere Teil geht also heim zum Fernsehen.

Das ist nicht das, wovon wir reden. Wir reden davon, dass es über den Tag verteilt an­dere Unterrichtsmöglichkeiten geben soll. Wir reden im Übrigen davon, dass damit Erholungsphasen, Lernphasen, Projektunterricht, also all das, was man in Skandi­na­vien ja schon sehen kann, wenn man in Schulen hineingeht, auch in Österreich er­möglicht wird.

Wenn Sie dann die Wahlmöglichkeit anführen, dann sage ich Ihnen nur eines – und das ist auch unsere Differenz zur SPÖ –: Wenn das Modell verwirklicht würde, 50 Pro­zent Ganztagsschulen, 50 Prozent bleiben so, wie es jetzt ist, dann ist meine Befürch­tung, dass die soziale Schere um einiges auseinander gehen würde. Wenn man das als Zwischenschritt versteht und sagt: Okay, es geht momentan nicht anders!, dann können wir uns da schon verständigen, aber das darf nicht der Endpunkt sein. Wenn es darum geht, ein sozial gerechtes Schulsystem zustande zu bringen, dann muss diese pädagogische Möglichkeit – der Förderunterricht, die sozialen Verhältnisse – für alle Schülerinnen und Schüler gelten, weil wahrscheinlich klar ist, dass Ganztags­schulen in erster Linie wieder oder stärker – sagen wir einmal so – von Kindern in An­spruch genommen werden, die aus einer sozial höheren Schicht kommen. Das Phä­nomen kennen wir, vor allem wenn es dabei auch um Bezahlung geht.

 


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