Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 45

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im Senat ein neues Asylgesetz vorgestellt, und er hat ganz klar festgestellt – in Frank­reich –, „das gegenwärtige System sei ,untragbar‘. ,Die Verfahren sind ausschweifend, die Fristen zu lang, die Empfangszentren überfüllt, ...‘“

„Der Außenminister erinnerte daran, dass Frankreich 90 Prozent der Asylgesuche nicht stattgeben könne.“ Zitat des französischen Außenministers:

„,Tatsache ist, dass viele Ausländer unser Asylsystem nicht deshalb benützen, weil sie den Schutz unseres Landes erhalten wollen, sondern weil sie versuchen, so lange wie möglich in diesem Land zu bleiben, zumal ihre Motivation ökonomischer Natur ist‘.“

Das ist die Situation in Frankreich – und das ist leider, und noch stärker, derzeit auch die Situation in Österreich, und deshalb müssen wir reagieren, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben uns bei der Arbeit an diesem neuen österreichischen Asylsystem vorgenom­men, dass jeder Mensch, der nach dem derzeitigen Gesetz und nach dem derzeitigen Asylsystem Asyl bekommt, dieses auch in Zukunft bekommen soll und wird – und wir wollen das –, allerdings wesentlich schneller, als es bisher bei diesen Verfahren der Fall gewesen ist. – Das ist der Unterschied zum jetzigen Asylsystem! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Darf ich auch Folgendes in aller Deutlichkeit ansprechen: Nach dem derzeit gültigen Asylsystem hätten große österreichische oder internationale Persönlichkeiten – sei es Anna Freud, sei es Sigmund Freud, sei es Madeleine Albright, sei es Bruno Kreisky – länger warten müssen, bis sie Asyl in ihrem Land bekommen hätten, als das nach dem neuen Asylsystem der Fall sein wird. Das ist der Unterschied, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir haben daher dieses neue System genau und detailliert vorbereitet. Wir haben im letzten August unsere Vorstellungen präsentiert, und wir haben diese im Frühjahr mit vielen Interessierten besprochen. Wir haben Argumente ausgetauscht, abgewogen und vieles in die Vorarbeiten einfließen lassen.

Wir haben eine Regierungsvorlage erarbeitet, die wir in einem Hearing des Parlaments noch einmal ausführlich zur Diskussion gestellt haben. Wir waren bereit, in jedem Schritt dieses Verfahrens Vorschläge zu berücksichtigen, die den zentralen Zielen dieses neuen Systems entsprechen, nämlich erstens: beschleunigen, zweitens: im europäischen Kontext vorgehen, und drittens: Rechtsklarheit für alle. Genau diese Punkte haben wir aufgenommen und vervollständigt, und ich freue mich, dass wir das heute hier im Parlament diskutieren können. (Besucher auf der Galerie halten ein Transparent in Richtung Plenum, auf dem die Aufschrift „Abschiebezentrum Parla­ment“ zu lesen ist.)

So ist zum Beispiel die Liste sicherer Drittstaaten ein ganz wichtiger Punkt. Liebe Frau Abgeordnete Stoisits, ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass die Slowakei nicht auf der Liste sicherer Drittstaaten steht, die hier im Parlament zur Diskussion und zur Beschlussfassung steht. Es stehen zwei Länder auf der Liste sicherer Drittstaaten, und das sind Liechtenstein und die Schweiz. – Das ist unsere Liste der sicheren Dritt­staaten, und ich glaube, dass jeder Staatsbürger und auch jeder Rechtsprofessor unterschreiben kann, dass es sich bei diesen Staaten um sichere Drittstaaten im Namen des Gesetzes handelt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir wollen die Aufnahme von Asylwerbern in Erstaufnahmestellen und eine dort erfol­gende Betreuung, wir wollen eine Ersteinvernahme in 48 bis 72 Stunden sicherstellen, und wir wollen die Beschleunigung des Verfahrens durch neue Zulassungsverfahren. Erstmals gibt es in einem österreichischen Asylsystem einen besonderen Schutz für traumatisierte Opfer und Folteropfer, und erstmals gibt es in einem österreichischen


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